Beratervertrag Gerster sieht sich als Opfer

Der Wirtschaftsausschuss des Bundestags hat die Befragung von BA-Chef Florian Gerster vertagt. Dieser lehnte es ab, die umstrittenen Verträge mit der PR-Agentur WMP offenzulegen.

Die Aufklärung der Affäre um den umstrittenen Vertrag der Bundesanstalt für Arbeit mit der PR-Firma WMP verzögert sich. Nach einer dreistündigen Befragung des Behördenchefs Florian Gerster am Freitag vertagte sich der Wirtschaftsausschuss des Bundestags einvernehmlich auf voraussichtlich kommende Woche. Gerster lehnte die von der Opposition geforderte Offenlegung des mit 1,3 Millionen Euro dotierten Vertrages ab und machte eine Kampagne von Reformgegnern für die Zuspitzung der Krise um seine Behörde verantwortlich.

Der Wirtschaftsausschuss plant eine Sondersitzung, sobald der Bundesrechnungshof seinen Prüfbericht vorgelegt habe, sagte der CDU-Politiker Karl-Josef Laumann. Dazu solle dann der Präsident des Rechnungshofes und Mitglieder des Verwaltungsrates der BA eingeladen werden. Laumann kritisierte die Bundesregierung, die offensichtlich ihre Rechtsaufsicht über die BA "überhaupt nicht wahrgenommen" habe.

Gerster zeigt sich uneinsichtig

Gerster erklärte, zum großen Teil sei der Schaden durch einen Feldzug entstanden, der "beispiellos" sei. Verschiedene Personen versuchten, den Reformprozess der BA zu verhindern. Er räumte erneut ein, die Vergabe eines Vertrages nicht noch einmal so zu handhaben. Gerster wird vorgeworfen, den mit 1,3 Millionen Euro dotierten Vertrag ohne Ausschreibung an die PR-Agentur WMP vergeben zu haben. Der BA-Chef rechtfertigte dies mit der besonderen Eilbedürftigkeit des Vorganges.

Das Klima bei Vertragsvergabe Anfang Februar sei für den Reformprozess der BA angesichts eines Minuswachstums "extrem schädlich" gewesen. Deswegen habe man schnell externe Beratung benötigt. Wenn man, wie bei einer öffentlichen Ausschreibung üblich, noch ein Vierteljahr hätte warten müssen, wäre der Schaden noch größer gewesen, sagte Gerster. Inzwischen habe man einen Leiter für die Kommunikationsabteilung gefunden, der in der kommenden Woche die Arbeit aufnehme.

Die Union forderte Gerster auf, den Vertrag offen zu legen. Gerster müsse schlüssig erklären, warum die Mittelvergabe von 1,3 Millionen Euro so eilbedürftig gewesen sei, dass sie nicht hätte ausgeschrieben werden müssen, sagte Laumann. Dies lehnte Gerster mit dem Hinweis ab, dass damit die Rechte Dritter verletzt würden und die BA als Auftraggeber künftig Vertrauen verlieren könnte.

Rückendeckung für Gerster

Wirtschaftsminister Wolfgang Clement kennt nach Angaben seines Ministeriums den Inhalt des umstrittenen Vertrags nicht. Erst wenn der Verwaltungsrat der Behörde zu der Ansicht käme, es seien Fehler gemacht worden, könne er als Rechtsaufsicht das Wirtschaftsministerium anrufen, das dann die entsprechenden Prüfungen fortsetzen würde, sagte seine Sprecherin Andrea Weinert. Clement stellte sich erneut hinter Gerster. Er halte Rücktrittsforderungen nicht für gerechtfertigt, sagte der SPD-Minister.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Dagegen sagte SPD-Politiker Klaus Brandner, er habe sich in dieser Angelegenheit etwas mehr Fingerspitzengefühl Gersters gewünscht. Auch Wirtschaftsausschuss-Vorsitzender Rainer Wend (SPD) will von Gerster wissen, was genau die PR-Agentur für die 1,3 Millionen Euro leisten sollte, sagte er der "Bild"-Zeitung. Der FDP-Politiker Dirk Niebel erklärte, die Befragung habe deutlich gemacht, dass das Ganze ein "Vorgang von höchster politischer Instinktlosigkeit" sei.

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Krista Sager begrüßte, dass der Vertrag zwischen der Bundesanstalt und der Agentur aufgehoben werden soll. "Das ist ein richtiger Schritt", sagte sie der "Sächsischen Zeitung". "Es geht schließlich um eine Imageverbesserung. Und die ist unter den jetzigen Bedingungen mit demselben Partner nicht mehr möglich."

Von den Unionsparteien wird nach einer Meldung der "Neuen Osnabrücker Zeitung" erwogen, in der Affäre einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss einzusetzen. Wie das Blatt unter Berufung auf Unionsfraktionskreise berichtete, soll es Hinweise darauf geben, dass die BA weitere Aufträge an Beratungsfirmen erteilt hat.

AP
AP, dpa

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