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Berlin vertraulich! Fritz Kuhns Total-Verschwabung

Das Grünen-Urgestein Fritz Kuhn wechselt von Berlin nach Stuttgart und muss sich umgewöhnen: Trollinger statt Riesling, VfB Stuttgart statt FC Bayern. Allein die Nuss-Schoggi darf bleiben.
Von Hans Peter Schütz

Einen sehr schwäbischen Empfang gab vergangene Woche der grüne Bundestagsabgeordnete Fritz Kuhn. Anlass: sein Abschied nach zwölf Jahren Bundestag und der Wechsel auf den Posten des Stuttgarter Oberbürgermeisters. Beim Büffet im Reichstag ließ er seinen Gästen natürlich Spätzle mit Linsen auftischen. Politiker aller Parteien waren zu Gast. Alterspräsident Heinz Riesenhuber (CDU), der Kuhn zum Abschied umarmte, unterlief der heftig belachte Fehler, dass er laut applaudierte, als Kuhn in seiner Rede den Sieg von Rot-Grün bei der kommenden Bundestagswahl prophezeite.

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Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Hubertus Heil brachte Kuhn zum Abschied eine rot verpackte Flasche Riesling mit und kommentierte sein Geschenk mit dem Satz, "damit der Fritz als Oberbürgermeister von Stuttgart nicht immer Trollinger saufen muss". Er, Heil, wisse schließlich, wie das schwäbische Nationalgetränk tatsächlich schmecke. FDP-Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel umarmte Kuhn nicht, lobte ihn aber mit dem Satz: "Wir haben uns immer ordnungsgemäß gestritten."

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Die Laudatio auf Kuhn hielt die grüne Noch-Fraktionschefin Renate Künast, die verriet, Kuhn sei als Abgeordneter immer ein "Durch-und-Durch-Realo" gewesen. Ihm sei der unvergessene Satz zu danken: "Man kann mit grünen Ideen auch schwarze Zahlen schreiben." Auf lautstarken Protest der anwesenden ehemaligen Mitarbeiterinnen Kuhns aber stieß sie, als sie sagte: "Der Fritz hat den Macho immer nur gespielt." Sie riet Kuhn dringend davon ab, auch künftig noch ein Fan des FC Bayern zu sein (da gab es laute Buhrufe) und ermahnte ihn, dem VfB Stuttgart zuzujubeln.

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Unklar blieb, ob die Bemerkung von Künast – "mit Claudia Roth hast du lange genug dein Unwesen getrieben" – moralisch oder politisch gemeint war. Man müsse jedoch bedenken, dass Kuhn immer wieder gesagt habe: "Ich bin eigentlich ganz anders, aber ich komme nie dazu!" Jedenfalls halte Kuhn einen einmaligen Rekord in der grünen Fraktion: Einmal habe er in 90 Sekunden eine Tafel Nussschokolade verdrückt.

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Politische Komplimente sollen zuweilen nur rufmörderisch sein. So lobten CDU-Kreise den SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück für dessen Antrittsrede auf dem SPD-Parteitag mit der Bemerkung, rhetorisch sei der Genosse eigentlich ganz gut. Dann aber wird flugs der Satz nachgeschoben: "Kein Wunder, dass der Steinbrück bei seinen Vorträgen so satt Geld kassieren konnte." Ungern verzichten CDU-Politiker auch auf die Erwähnung einer neuen politischen Maßeinheit. Sie wird "ein Peer" genannt und beschreibt den Abstand zwischen zwei Fettnäpfchen.

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Mit Freude greifen Unionspolitiker derzeit zur zweiten Ausgabe des Magazins "The European", das sich anspruchsvoll aktuellen politischen Debatten widmet. Ein satirischer Beitrag des Satirikers Leo Fischer, mit "Der Problempeer" überschrieben, kommt zu einer ganz ungewöhnlichen Interpretation der Beziehung zwischen Kanzlerin Angela Merkel und Steinbrück: "Merkel braucht ihn. Ja auch sie, die stolze imperatrix hornoxium: Wie jeder Sonnenstrahl eine Benzinpfütze benötigt, um nur recht schillern zu können, so braucht Merkel einen Widersacher, auf den Verlass ist, einen alten Kollegen, der ihrem Wahlsieg die nötige Würde zu geben vermag." Denn gegen einen Sigmar Gabriel zu siegen, so Fischer weiter, das wäre so demütigend, wie wenn Usain Bolt, Weltrekordhalter über 100 Meter, "gegen ein dickes Kind ohne Beine" laufen und gewinnen würde.

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