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Berlin vertraulich! Wem Glos als Vorbild dient

"Glos ist immer mein Vorbild" - diesen überraschenden Satz hat jüngst CSU-Mann Peter Ramsauer gesagt. Wie der scheidende Minister Michael Glos wurde er in seinem Wahlkreis mit 100 Prozent für die Bundestagswahl nominiert. Bisher führte Volker Kauder in dieser Disziplin.
Von Hans Peter Schütz

Wer wird Deutscher Fußballmeister 2009? Aus politischer Sicht, genauer, aus der von Volker Kauder, des Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, ist das Rennen bereits entschieden. Die TSG Hoffenheim wird's, der Dorfverein aus Baden, derzeit an der Tabellenspitze der Fußball-Bundesliga. Und das geht bei Kauder so: Die TSG ist 1899 in Hoffenheim gegründet worden, Kauder erblickte 1949 in Hoffenheim das Licht der Welt, wohin seine Eltern nach Kriegsende aus Jugoslawien vertrieben worden waren. Kauder: "Was lehrt uns das? Überall kommen die Erfolge bei diesen Hoffenheimern, mal früher, mal später. Deshalb wird Hoffenheim Deutscher Fußballmeister." Und zwar spätestens dann, wenn Bayern München im Mai in Hoffenheim antreten muss, prophezeit Kauder, der einmal in gleicher Straße wie der milliardenschwere Chef der SAP AG und großzügige Hoffenheim-Förderer Dietmar Hopp gewohnt hat.

Hans Peter Schütz

Worüber redet das politische Berlin, wenn die Kameras ausgeschaltet sind? stern-Autor Hans Peter Schütz hört hin und notiert wöchentlich den neuesten Tratsch aus der Hauptstadt – exklusiv auf stern.de lesen Sie seine Kolumne "Berlin vertraulich!"

Hopp hatte seinen Landsmann Kauder unlängst zum Spiel Hoffenheim gegen FC Energie Cottbus eingeladen. Ziemlich glatt gewannen die Hoffenheimer 2:0. Für Kauder war es ein schwieriges Spiel. Erstens pflegt er Cottbus in seinem herben alemannischen Dialekt als "Kotzbuss" auszusprechen. Das ist eine sprachliche Attacke gegen seine Kanzlerin Angela, die sich bekanntlich gerne als ostdeutsche Cottbus-Anhängerin outet. Zweitens: Bevor Kauder zum Kick eilte, holte er Rat bei seinem Steuerberater. Könne er die Einladung von Hopp annehmen? Ja, sagte der Experte. Aber er müsse Stadioneintritt und Schampus-Schlürferei in der VIP-Lounge bei der nächsten Steuererklärung als "geldwerten Vorteil" in Höhe von 250 Euro angeben. Da Kauder vermutlich den höchsten Steuersatz zahlt, muss er die Einladung damit mit rund 120 Euro aus der eigenen Tasche löhnen.

Eingebrockt hat das den fußballbegeisterten Politikern der frühere Chef des drittgrößten deutschen Energiekonzerns EnBW. Der verschenkte bei der Fußball-WM 2006 Freikarten an Politiker. Und das trug ihm eine Klage wegen Korruption ("Vorteilsgewährung") ein. Zwar wurde er schließlich freigesprochen. Und die beschenkten Politiker erreichten durch ein Bußgeld die Einstellung des Verfahrens wegen "Vorteilsannahme." Was aber seither allen klar ist: Geschenkte Eintrittkarten gelten als geldwerter Vorteil, zumindest dann, wenn der Geber die Steuer nicht zu einem pauschalen Satz von 30 Prozent übernimmt. Ein solches Eigentor wollte Kauder lieber nicht riskieren. Wegen der politischen Abstiegsgefahr. Denn er spielt ja auch in der Bundesliga, der politischen. Und will mit Merkel im Herbst wieder Meister werden.

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Ganz weit vorne war Kauder bis vor kurzem in einem anderen interessanten Wettbewerb, der derzeit in Berlin verdeckt läuft. Es geht dabei um die Frage: Welcher Polit-Promi wird in seinem Wahlkreis von der Basis mit der höchsten Stimmenzahl wieder als Kandidat für die kommende Bundestagswahl vorgeschlagen? Bislang führte Kauder mit 98,7 Prozent knapp vor Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble mit 96, 2 Prozent. Jetzt gibt es zwei neue Spitzenreiter. Erst ist Bundeswirtschaftsminister Michael Glos und danach auch CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer ohne eine einzige Gegenstimme wieder als Kandidat nominiert worden. Ramsauer zu stern.de: "Glos ist immer mein Vorbild." Ach ja? Lieber nicht. Oder will er auch zurücktreten? Wenn ja, ein Amt im Austragsstübchen des Bundestags ist bereits so gut wie vergeben: Denn Glos hat nur noch ein Ziel - das geruhsame, gut dotierte Amt eines Vizepräsidenten des Bundestags.

Bundesforschungsministerin Annette Schavan liegt bei diesem Wettbewerb um die beste Quote bei der Nominierung für die Bundestagswahl mit Abstand auf dem letzen Platz. Sie wurde in ihrem Wahlkreis Ulm statt mit 100 nur mit 57 Prozent wieder aufgestellt. Klar ist damit, dass der baden-württembergische Spitzenplatz auf der Landesliste damit an Schäuble geht. Schavan muss mit dem zweiten Platz vorlieb nehmen, allerdings nicht wegen ihres politischen Gewichts, sondern weil sie Frau ist. Und spezieller Unterstützung durch die Kanzlerin bedarf die Politikerin, die sich gerne "Kanzlerflüsterin" nennen lässt, außerdem. So musste Angela Merkel Ende vergangener Woche in die Donaustadt reisen, um Werbung für Schavan an der CDU-Basis zu machen. Die ist stocksauer, dass Schavan bisher so wenig in der Region weilte, sondern lieber in ihrer Ferienwohnung am Bodensee. Jetzt aber macht sie endlich Ernst mit der Präsenz beim Wahlvolk. Sie weilte sogar beim "Narrensprung" im Dörfchen Öpfingen. "Narri, narro" begrüßt man sich dort.

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Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger hat mit der Finanzreform II geschafft, was ihm viele Parteifreunde längst nicht mehr zugetraut haben: Endlich einen großen bundespolitischen Erfolg erringen. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer jedenfalls ist jetzt begeistert vom benachbarten Landesvater. Dabei ist der CSU-Chef bisher nicht dadurch aufgefallen, dass er andere CDU-Spitzenpolitiker mit Anerkennung überhäufte. Über Oettinger hat er auch schon deftig geschimpft: "Der hat uns Bayern bisher nicht täglich mit Honig einbalsamiert." Jetzt lobte er den Amtskollegen. "Günther Oettinger ist sehr klug." Er rühmte ihn: "Es war eine ungewöhnlich kluge Verhandlungsführung von Oettinger." Und er räumte ein: "Da war der Günther Oettinger sehr stark." Dreifaches Lob. Aller guten Dinge sind bekanntlich drei.

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