Parteitag in Berlin FDP bestätigt Rösler mit 85,7 Prozent

Erst abgeschrieben, letztlich doch ohne Gegenkandidaten: Philipp Rösler bleibt Chef der FDP. Auf dem Parteitag in Berlin wählten ihn 85,7 Prozent der Delegierten. Vize wird Christian Lindner.

Die FDP hat ihren Parteichef Philipp Rösler nach monatelanger Führungsdiskussion für weitere zwei Jahre im Amt bestätigt. Der 40-Jährige erhielt auf dem Parteitag in Berlin 534 von 623 Stimmen, 72 Delegierte stimmten mit Nein - ein Ergebnis von 85,7 Prozent. Bei seiner ersten Wahl im Mai 2011 hatte Rösler noch 95,1 Prozent bekommen. Er gab eigene Fehler zu und rief die Partei ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl auf, mit Team-Arbeit um den Erfolg von Schwarz-Gelb zu kämpfen.

Zum neuen stellvertretenden Bundesvorsitzenden wählten die Delegierten in Berlin den nordrhein-westfälischen FDP-Landeschef Christian Lindner. Er erhielt mit 77,8 Prozent der Stimmen aber deutlich weniger Zustimmung als Rösler. Lindner bekam 505 von 649 Stimmen. 114 Delegierte stimmten gegen ihn, 30 enthielten sich. Der 34-Jährige hatte vor mehr als einem Jahr seinen Posten als Generalsekretär hingeworfen. Er gilt als Rivale Röslers und als dessen potenzieller Nachfolger.

Für den Bundeswirtschaftsminister ist die Wiederwahl ein großer persönlicher Erfolg. Bis zur Landtagswahl in Niedersachsen hatte es an ihm massive Kritik gegeben. Dann flog die FDP zwar aus der Regierung, schaffte aber mit fast zehn Prozent ein Rekordergebnis - und die Kritik verstummte. Mit Spannung wird auch die Wahl der weiteren Rösler-Stellvertreter erwartet. Auch bei der Entscheidung über weitere Präsidiumsposten gibt es Kampfabstimmungen. Zum Abschluss des Parteitags soll Fraktionschef Rainer Brüderle an diesem Sonntag zum Spitzenkandidaten für die Wahl am 22. September gekürt werden.

Rösler setzt voll auf Schwarz-gelb

In einer einstündigen Rede hatte Rösler zunächst deutlich gemachte, dass er ganz auf die Fortsetzung der schwarz-gelben Koalition setzt. Die FDP habe dabei die zentrale Funktion. "Wir sind die Partei der Mitte, wir halten die Koalition auf Kurs." SPD und Grünen warf er vor, Deutschland in Steuererhöhungen und neue Schulden treiben zu wollen. Nach allen Umfragen muss die FDP jedoch um den Wiedereinzug in den Bundestag bangen. Im jüngsten ZDF-"Politbarometer" lag sie nur noch bei vier Prozent.

Rösler gab zu, in den vergangenen beiden Jahren "manchmal auch eigene Fehler" gemacht zu haben. "Ich hoffe, dass ich daraus gelernt habe." An seine Partei appellierte er, sich von den anhaltend schlechten Umfragewerten nicht entmutigen zu lassen. "Wenn wir zusammenstehen, wenn wir uns nicht beirren lassen, werden wir auch Erfolg haben." SPD und Grünen hielt er dagegen vor, eine "Steuererhöhungsorgie" zu planen. "Die Schulden in Deutschland haben zwei Farben: rot und grün. Und stabile Haushalte haben auch zwei Farben: nämlich blau und gelb."

Rösler machte aber auch Unterschiede zur Union deutlich. Im Streit um die volle rechtliche Gleichstellung der Homosexuellen-Ehe forderte er den Koalitionspartner auf, "sich die Lebenswirklichkeit anzusehen". Die Koalition müsse noch vor dem im Frühsommer erwarteten Urteil des Bundesverfassungsgerichts selbst aktiv werden. Einen einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn lehnte er weiter strikt ab. Die FDP sei aber "differenziert nach Regionen und Branchen" zur Festlegung von Lohn-Untergrenzen bereit.

Leutheusser-Schnarrenberger und Zastrow Vizechefs

Für die drei Stellvertreter-Posten gab es vier Kandidaten: Neben Christian Lindner wird auch Sabine Leutheusser-Schnarrenberger zum Führungsgremium der Liberalen gehören. Die Bundesjustizministerin wurde mit 83,7 Prozent der Stimmen als Partei-Vize bestätigt worden. Der dritte Stellvertreterposten musste in einer Kampfabstimmung vergeben werden. Dabei unterlag die baden-württembergische Landeschefin Birgit Homburger dem sächsischen Landeschef Holger Zastrow im zweiten Wahlgang. 323 Delegierte entschieden sich für Zastrow, 315 für Homburger, die damit ihren Posten als stellvertretende Parteichefin verlor.

Die Wahlen weiterer Präsidiumsmitglieder zogen sich bis in den Abend hin. Dabei drohte vor allem Entwicklungsminister Dirk Niebel eine Abstrafung, der bis zur Wahl in Niedersachsen einer der härtesten Rösler-Kritiker war. Um Beisitzerposten bewarben sich auch Gesundheitsminister Daniel Bahr und der schleswig-holsteinische Fraktionschef Wolfgang Kubicki.

DPA
cjf/swd/dho/DPA/AFP