Die Deutschen hatten sich so gefreut, dass Strom und Gas nach der vom Ukrainekrieg ausgelösten Energiekrise wieder bezahlbar werden. Doch die Freude währte kurz: Energie wird 2024 wieder spürbar teurer. Grund ist nicht etwa, dass Strom, der an den Börsen gehandelt wird, teurer würde, im Gegenteil, dort ist er im Dezember noch einmal billiger geworden. Auch fallen die Einkaufspreise, weil Deutschland vergangenes Jahr erstmals weit über 50 Prozent des Stroms aus besonders preiswerten Quellen gewonnen hat: aus Windrädern, Photovoltaikanlagen und Wasserkraftwerken.
Die deutsche Teuerung resultiert diesmal aus rein staatlichen Maßnahmen. So hat die Bundesregierung nicht nur die Strom- und Gaspreisbremse abgeschafft, die in Krisenzeiten Preisspitzen abfedern konnte. Sie hat auch die Kosten, die Energieanbieter für eine Tonne CO2 zahlen müssen, von 30 auf 45 Euro angehoben. Hierdurch müssen Verbraucher seit Januar mehr für Benzin, Diesel, Heizöl und Erdgas ausgeben. Zugleich hebt Berlin ab März die Mehrwertsteuer auf Gas wieder auf 19 Prozent – sie war zu Beginn der Energiekrise auf sieben Prozent heruntergefahren worden.
Schließlich steigen die Netzentgelte für Strom etwa um ein Viertel. Die Bundesnetzagentur legt ihre Höhe fest, sie sind Teil des Strompreises. Mit ihnen pflegen die großen Stromnetzbetreiber ihre Infrastruktur und bauen sie aus. Allein diese Erhöhung macht die Kilowattstunde Haushaltsstrom um einige Cent teurer.
Verbraucherschützer fordern den Staat nun auf, Privathaushalten umgehend finanziell beizuspringen – sozial gestaffelt und damit gerecht. Die Ampel hat im Koalitionsvertrag "einen sozialen Kompensationsmechanismus" festgeschrieben, ein "Klimageld". Die Idee: Ein Teil der staatlichen Mehreinnahmen aus der CO2-Bepreisung wird an die Bevölkerung zurückgezahlt, wodurch diejenigen, die wenig Energie verbrauchen, relativ stärker profitieren als die, die viel konsumieren. Klimaschutz würde also belohnt. Das Problem: Die Einführung dieses Klimagelds wird aus verwaltungstechnischen Gründen vor 2025 kaum gelingen, der Staat kann Steuer- und Kontonummer nur schwer zusammenführen.
Der stern hat mit Professor Manuel Frondel, Leiter des Kompetenzbereiches "Umwelt und Ressourcen" beim RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung befragt, wie Verbraucher schnell entlastet werden können, ohne dass der Staat in die nächste Finanzkrise schlittert. Er hat gerade dazu eine Studie für die arbeitgebernahe "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft" (INSM) angefertigt.
Herr Frondel, in diesem Jahr drohen die Energiepreise für Privatverbraucher wieder deutlich zu steigen, obwohl die Börsenpreise sinken. Was läuft falsch bei uns?
Es läuft nichts falsch. Es ist nur so, dass die Verbraucherpreise den Börsenpreisen immer hinterherhinken, weil die Lieferverträge nicht dauernd unverzüglich angepasst werden können. Das ist im Grunde auch gut so für Verbraucher, denn durch diese Verzögerung waren sie in Zeiten wie Mitte 2022, als die Börsenstrompreise durch die Decke gingen, auch geschützt. Sonst hätte es sehr, sehr teuer für sie werden können.