Der erste Atomtest war offensichtlich erfolgreich, der zweite steht womöglich kurz bevor: Der südkoreanische Geheimdienst hat vor möglichen weiteren Atomwaffensprengungen in dem Nachbarland gewarnt. Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Yonhap wurden ungewöhnliche Aktivitäten in der Nähe des Geländes des ersten Tests entdeckt. 30 bis 40 Leute und Fahrzeuge seien in Punggye-ri im Nordosten des Landes unterwegs, hieß es.
Nordkorea hatte sich über internationale Warnungen und Sanktionsandrohungen hinweggesetzt und nach eigenen Angaben erstmals einen Atombombentest unternommen. Der unterirdische Versuch sei sicher und erfolgreich gewesen, hieß es in den offiziellen Medien des kommunistischen Landes. Es habe nicht die Gefahr eines Austretens von Radioaktivität bestanden. Während der Umfang der Explosion und deren Sprengwirkung noch unklar waren, wurde Nordkoreas Verhalten weltweit als Provokation verurteilt.
Der Atomwaffentest ist weltweit scharf als Provokation und Gefährdung der Sicherheit in der Region verurteilt worden. Zugleich wurde der Ruf nach Sanktionen gegen das asiatische Land laut.
Die USA forderten den Weltsicherheitsrat auf, angesichts der "unprovozierten" nordkoreanischen Aktion "sofort zu handeln". In einer in Washington veröffentlichten Erklärung wurde bekräftigt, dass sich die USA dem Schutz und der Verteidigung ihrer Verbündeten in der Region verpflichtet sähen. An Pjöngjang richtete das Weiße Haus die Aufforderung, die Spannungen in Südostasien nicht weiter zu verschärfen.
"Test gefährdet Frieden und Sicherheit"
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier erklärte, Nordkorea habe seinen "Irrweg in die Selbstisolation" fortgesetzt. "Der heutige Nukleartest gefährdet Frieden und Sicherheit in der Region und darüber hinaus", hieß es aus dem Auswärtigen Amt. Der UN-Sicherheitsrat müsse "dieser nordkoreanischen Provokation eine entschlossene Reaktion" entgegensetzen.
Südkorea stellte seine eigene Annäherungspolitik zum kommunistischen Nachbarland in Frage. Angesichts der internationalen Forderungen nach Sanktionen gegen Nordkorea verliere Südkorea den Impuls für einen fortgesetzten Dialog mit dem Nachbarland, sagte Staatspräsident Roh Moo Hyun am Montag nach einem Treffen mit Japans neuem Ministerpräsidenten Shinzo Abe in Seoul. Abe erklärte, seine Regierung werde unverzüglich harte Maßnahmen gegen Nordkorea erwägen.
Auch China ist verärgert
Auch die Atommacht China, die bisher gute Kontakte zum Regime in Pjöngjang pflegte, verurteilte den Atomwaffentest in scharfer Form. Nordkorea habe den Widerstand der internationalen Gemeinschaft gegen einen Atomtest "ignoriert". Hohe Beamte des Außenministeriums in Peking hatten mehrfach darauf hingewiesen, dass Chinas Einfluss auf Pjöngjang nur begrenzt sei. Der neue japanische Ministerpräsident Shinzo Abe, der gerade zu Besuch in Südkorea ist, nannte den Atomtest "unverzeihlich". Jede Provokation Nordkoreas sollte jedoch mit "kühlem Kopf" behandelt werden.
"Enttäuschender Test"
Der von Nordkorea nach eigenen Angaben durchgeführte Atomtest war nach Experteneinschätzung nur von vergleichsweise geringem Ausmaß. Die Explosion habe einer Sprengkraft von 550 Tonnen des herkömmlichen Sprengstoffes TNT entsprochen, hieß es aus einer staatlichen südkoreanischen Geologiebehörde. Die von den USA auf Hiroschima abgeworfene Atombombe hatte eine Sprengkraft von 12.500 Tonnen TNT, bei der Nagasaki-Bombe waren es 22.000 Tonnen TNT. Der US-Sender Fox News berichtet, US-Geheimdienstexperten gingen davon aus, dass der Test aus nordkoreanischer Sicht enttäuschend gewesen sei. Es habe sich mehr um ein "Zischen als um einen Knall" gehandelt.
Russlands Präsident Wladimir Putin sagte, der Atomtest füge dem System der Nichtverbreitung von Atomwaffen "großen Schaden" zu. " Die finnischen EU-Ratspräsidentschaft erklärte, die Union werde mit der internationalen Gemeinschaft zusammen an einer "entscheidenden Antwort auf diesen provokativen Akt" arbeiten Der britische Premierminister Tony Blair sprach von einem "völlig unverantwortlichen Akt".
Die Atommächte
Nordkorea wäre die weltweit neunte Atommacht. Nachfolgend eine Übersicht über alle Staaten, die Atomwaffen besitzen - die Angaben zum Arsenal beruhen auf Schätzungen der Arms Control Association und der Nuclear Threat Initiative.
USA: Mehr als 5.000 einsatzfähige Sprengköpfe für strategische Waffen, mehr als 1.000 für taktische Waffen und rund 3.000 Sprengköpfe in Reserve. Erster Atomwaffentest am 16. Juli 1945.
Russland: Fast 5.000 strategische und rund 3.500 taktische Sprengköpfe, mehr als 11.000 eingelagerte Sprengköpfe. Erster Test im Jahr 1949.
Frankreich: Etwa 350 strategische Sprengköpfe. Erster Test im Jahr 1960.
China: Bis zu 250 strategische und 150 taktische Sprengköpfe. Erster Test im Jahr 1964.
Großbritannien: Rund 200 strategische Sprengköpfe. Erster Test im Jahr 1952.
Indien: 45 bis 95 Nuklearsprengköpfe. Erster Test im Jahr 1974.
Pakistan: 30 bis 50 Nuklearsprengköpfe. Erster Test im Jahr 1998.
Israel: Bestätigt offiziell nicht, dass es Atomwaffen besitzt. Arsenal wird auf bis zu 200 Sprengköpfe geschätzt.
Nordkorea: Hat vermutlich genug spaltbares Material für rund ein halbes Dutzend Atomwaffen. Die Schätzungen variieren aber stark und sind nicht zu verifizieren.
Der UN-Sicherheitsrat will nach Angaben des dänischen Außenministeriums noch am Montag über den nordkoreanischen Atomtest beraten. Aus Kreisen des Ministeriums verlautete, das Treffen werde um 15.30 Uhr (MESZ) stattfinden. Außenminister Per Stig Möller sagte dem Fernsehsender TV2, man werde daran arbeiten, dass der Sicherheitsrat die "stärksten möglichen Schritte" unternehme. Dazu gehörten Sanktionen gegen das Regime in Pjöngjang, die auch China unterstützen müsse. Der Minister unterstrich die Bedeutung Pekings bei den Beratungen. Dänemark ist ein nichtständiges Mitglied des Sicherheitsrats.
Test wurde bestätigt
Das russische Verteidigungsministerium und auch die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe bestätigten den Atomtest in Nordkorea. Russische Nuklearkontrollsysteme hätten um 5.35 Uhr Moskauer Zeit (3.35 Uhr MESZ) die Durchführung einer unterirdischen Atomexplosion in Nordkorea registriert, meldete die Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf das Verteidigungsministerium in Moskau.
Die aus der Erschütterung berechnete Ladungsstärke liege im Bereich von etwa einer Kilotonne herkömmlichen Sprengstoffs, teilte die Bundesanstalt mit. Ob es sich tatsächlich um eine Nuklearexplosion gehandelt habe, lasse sich zweifelsfrei erst sagen, wenn radioaktive Partikel in der Atmosphäre nachgewiesen werden können.
"Die Volksarmee beglückt"
Der Test beglücke die nordkoreanische Volksarmee und die Bevölkerung und entspreche ihrem Wunsch nach einer "machtvollen selbstständigen Verteidigungskapazität", meldete die nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA. Nordkorea hatte die Testpläne mit der angeblichen nuklearen Bedrohung, den Sanktionen und dem Druck der USA begründet. Nach Meinung von Experten versucht das Land, abseits von den festgefahrenen Sechs-Länder-Gesprächen über sein umstrittenes Atomprogramm die USA zu direkten bilateralen Gesprächen zu zwingen.
Die Regierung in Seoul hatte unter Berufung auf das staatliche Geologie-Forschungszentrum berichtet, dass in einer abgelegenen Gegend der Provinz Nord-Hamgyong im Nordosten Nordkoreas eine Erderschütterung mit einer Stärke von 3,7 gemessen worden sei. Laut Experten war die Explosion jedoch von vergleichsweise geringem Ausmaß. US-Medien berichteten, Nordkorea habe China weniger als eine Stunde vor der Zündung über die bevorstehende Aktion informiert. Die Regierung in Peking habe dann die dortige US-Botschaft unterrichtet, die sofort US-Außenministerin Condoleezza Rice kontaktiert habe.