Finanzausgleich Seehofer verteidigt Bayerns Klage

Nach dem Klage-Beschluss der Landesregierung hat Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer den Weg des Landes gerechtfertigt. Die Kritik aus anderen Parteien ließ nicht lange auf sich warten.

Bayerns Landesregierung hat die von Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) angedrohte Klage gegen den Länderfinanzausgleich beschlossen. Das größte Geberland will damit seine Zahlungen in das Solidarsystem deutlich reduzieren. Mehrere Nehmerländer sowie SPD, Grüne und Linke warfen Bayern mangelnde Solidarität vor.

Der Länderfinanzausgleich soll durch Finanzhilfen reicherer Bundesländer an ärmere Länder helfen, in ganz Deutschland vergleichbare Lebensbedingungen zu sichern. Bayern zahlte vergangenes Jahr mit rund 3,7 Milliarden Euro mehr als die Hälfte in den Solidartopf.

Seehofer verteidigte die geplante Klage gegen den Länderfinanzausgleich gegen die teils massive Kritik aus der Opposition und den Reihen der Nehmerländer. Die Gespräche seien gescheitert, sagte er am Dienstag in München. Bayern habe keine andere Wahl gehabt, als nun zu klagen. "Es geht die Wahrung bayerischer Interessen, es geht um den Schutz bayerischer Steuergelder. Wir sind bereit zur Solidarität, aber der Umfang der Solidarität muss gerecht gestaltet werden."

"Solidarisch, aber nicht blöd"

Er begründete den Gang seiner schwarz-gelben Landesregierung nach Karlsruhe mit einer "Schieflage im System" des Länderfinanzausgleichs. Nur vier Länder würden geben, die anderen zwölf unabhängig vom Ausmaß ihrer Anstrengungen kassieren. Geberländer sind Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Hamburg. "Wir sind solidarisch, das Ausgleichssystem ist es nicht", erklärte Seehofer.

Die bereits seit längerem in der Diskussion stehende Klage soll noch in diesem Jahr eingereicht werden. Wie der stellvertretende bayerische Ministerpräsident Martin Zeil (FDP) sagte, erwartet der Freistaat "frühestens 2014" eine Entscheidung. Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) sagte, Bayern gehe davon aus, vor dem Jahr 2019 "erhebliche Beträge" weniger zahlen zu müssen. Im Jahr 2019 läuft das seit 2001 geltende Gesetz zum Länderfinanzausgleich aus. Ab dem Jahr 2020 gilt dann die Schuldenbremse, die den Bundesländern die Aufnahme neuer Schulden untersagt.

Söder warf den anderen Bundesländern vor, einen Konsens verhindert zu haben. "Für die Bundesländer, die sich jetzt verweigert haben, ist das Risiko sehr hoch", sagte Söder. "Wir sind solidarisch, aber blöd sind wir nicht."

"Bruch mit einem Grundgedanken unserer Verfassung"

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier nannte die Klage hingegen eine "Attacke gegen die föderale Solidarität". Die jetzt geltende Regelung sei von Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber 2001 selbst mit ausgehandelt worden, Seehofer habe diesem im Bundestag zugestimmt. "An all das will sich Horst Seehofer nun nicht mehr erinnern. Seine Attacken gegen den Länderfinanzausgleich sind ein durchsichtige Manöver im bayerischen Vorwahlkampf."

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin warf Seehofer vor, mit Blick auf die Landtagswahl im kommenden Jahr "mit billigstem Populismus" Stimmung zu machen. "Horst Seehofer panikt vor der Landtagswahl", erklärte Trittin. Die Länder brauchten Planungssicherheit, diese werde ihnen durch den bis 2019 laufenden Länderfinanzausgleich gegeben. Für die Zeit danach sei aber eine Neujustierung sinnvoll.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Linken-Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn bezeichnete die Klage als "Bruch mit einem Grundgedanken unserer Verfassung". Wer die Solidarität aufkündige, fordere Konkurrenz und den Ausbau ungleicher Lebensverhältnisse in Deutschland.

Grüne finden die Klage peinlich

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) forderte von Bayern Vertragstreue. "Bis 2019 bestehen klare Vereinbarungen und Rahmenbedingungen, so dass es hier keine Verhandlungsspielräume gibt", sagte Haseloff der Zeitung "Die Welt". Schleswig-Holsteins Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) nannte die Klage nicht verständlich. "Es ist gemeinsam verabschiedet, und das kann jetzt nicht je nach Tagesform und Gemütszustand einfach mal in Frage gestellt werden", sagte Heinold im NDR.

Bremens Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne) sagte im Deutschlandradio Kultur, sie finde die Klage peinlich. Bayern habe offenbar das Bewusstsein verloren, wie reich und privilegiert es sei. Der Klage sehe sie gelassen entgegen. "Es handelt sich um einen Rechtsanspruch und nicht um ein Almosen."

Aus der Mehrzahl der anderen Bundesländer sei ihm signalisiert worden, dass sich vor Ende dieses Jahrzehnts nichts ändern solle. "Und dann muss ich abwägen, was meiner Verantwortung entspricht. Wir zahlen jetzt in einem Jahr mehr als wir in früheren Jahrzehnten in 40 Jahren zusammen genommen erhalten haben. Deshalb ist die Frage nach der Gerechtigkeit eine eigenartige." Bayern wolle sich gegenüber anderen Bundesländern und auch gegenüber den EU-Mitgliedstaaten solidarisch zeigen, betonte er. "Es geht um das Ausmaß."

DPA
jat/AFP/DPA