Was heißt G-8?
Kurzfassung für "Gruppe der 8" größten Industrienationen der Welt. Bis heute sind die G-8 ein locker organisierter Club geblieben: Es gibt kein ständiges Sekretariat, keine festen Verwaltungsstrukturen. Neuntes, aber nicht mitgezähltes Mitglied ist die Europäische Union (EU). Die Tagesordnung der G-8-Treffen bestimmt allein die jährlich wechselnde Präsidentschaft. Deutschland steuert die G-8 2007 bereits zum fünften Mal - nach 1978, 1985, 1992 und 1999.
Wer sind in Heiligendamm die Politstars?
Nicolas Sarkozy hat seinen ersten großen Auftritt. Tony Blair seinen letzten. Der Brite legt Ende Juni sein Amt nieder. Spannend wird, ob sich George W. Bush mit Wladimir Putin zur Aussprache in einem Hotelsalon trifft.
Wer kommt noch zum Gipfel?
Die G-8 haben Gäste eingeladen. Im Diplomatenjargon nennen sich diese Begegnungen "Outreach", auf Deutsch: Versuch, freundlich Kontakt aufzunehmen. Zwei Outreach-Gruppen kommen am Freitag dazu: 1. fünf große Schwellenländer (Kurzform: "O-5"), die eigentlich gern Mitglied im G-8-Club wären: Brasilien (Luiz Inácio Lula da Silva), Indien (Mammohan Singh), China (Hu Jintao), Mexiko (Felipe Calderón Hinojosa), Südafrika (Thabo Mvuyelwa Mbeki) 2. ausgewählte afrikanische Staaten: Ägypten (Mohamed Hosni Mubarak), Algerien (Abdelaziz Bouteflika), Nigeria (Umaru Yar‘Adua), Senegal (Abdoulaye Wade), Ghana (John A. Kufuor)
Wie viele offizielle Vertreter der G-8-Staaten kommen?
Etwa 2400. In Heiligendamm wohnt aber nur ein kleiner Teil. Der offizielle Schlüssel für jede Delegation lautet: 1 plus 23 - (ein Chef und 23 enge Mitarbeiter).
Welche Themen besprechen die G-8?
1. Weltwirtschaft (bessere Kontrolle von Hedgefonds und Finanzströmen. Abbau von Zoll- und Handelsbarrieren)
2. Afrika (Geld sollen vor allem jene afrikanischen Staaten bekommen, die sich an demokratische und marktwirtschaftliche Spielregeln halten und ihr Land in diesem Sinn reformieren. "Good Governance", gutes Regieren, soll belohnt werden.)
3. Klimaschutz
Wird es zum Durchbruch bei schwierigen Themen kommen?
Wohl kaum. Die Bundesregierung bemüht sich schon jetzt, die Erwartungen zu dämpfen. Beim Klimaschutz blockieren die USA. Als "Brücke" zwischen den Positionen gilt das Thema Energieeffizienz. Hier ist man sich näher als bei konkreten Klimazielen. Auch beim Verhaltenskodex für Hedgefonds liegen die Positionen weit auseinander. Minimallösung: Die Finanzspekulanten sollen aufgefordert werden, sich selbst Standards zu setzen.
Auch in der Afrika-Politik werden kaum Fortschritte erwartet: Voraussichtlich wird bekräftigt, dass an den "Millenniumszielen" festgehalten wird. Bis 2015 soll der Anteil der Entwicklungshilfe am Bruttonationaleinkommen eines Landes 0,7 Prozent betragen. 2006 lag diese Quote in Deutschland bei 0,36 Prozent.
Welche "gemeinsamen Erklärungen" wird es geben?
Erklärung 1: "Wachstum und Verantwortung in der Weltwirtschaft - Investitionen, Innovationen, Nachhaltigkeit". Darin enthalten sein wird auch ein Verweis auf den neuen "Heiligendamm-Prozess".
Erklärung 2: "Wachstum und Verantwortung in Afrika - gute Regierungsführung, nachhaltige Investitionen, Frieden und Sicherheit und die Bekämpfung von HIV/Aids".
Außerdem: Erklärungen zu außenpolitischen und wirtschafts-politischen Themen.
Welches Thema den Gipfel bestimmen wird, ist noch offen: Vielleicht macht ein Treffen Bushs mit Putin Furore, vielleicht wird man sich auch einem anderen aktuellen Thema widmen müssen.
Was ist der "Heiligendamm-Prozess"?
Die Deutschen haben sich für ihren Gipfel etwas Besonderes im Umgang mit den Schwellenländern ausgedacht: Bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in Paris möchte man ein kleines Sekretariat einrichten. Dieses soll ein Forum schaffen, auf dem die G-8 sich mit den fünf Schwellenländern (O-5) über wichtige Themen austauschen, z.B. Energie- und Entwicklungspolitik. Der Name des Ostseebades wird vielleicht so in der Weltpolitik eine Rolle spielen.
Weshalb halten sich die G-8 für so wichtig?
Die G-8-Staaten begreifen sich als Motor der globalen Wirtschaft. Zwar leben in den acht Ländern nur rund 14 Prozent der Weltbevölkerung, dafür entstehen dort jedoch fast zwei Drittel des Welt-Bruttonationaleinkommens. 79 der 100 größten internationalen Konzerne haben ihren Sitz in den G-8-Staaten. Die Gruppe kommt insgesamt für drei Viertel der Entwicklungshilfe weltweit auf.
Wie läuft der Gipfel ab?
Mittwoch: ankommen und frisch machen. Am Abend: lockeres Beisammensein. Donnerstag: arbeiten (zwei Sitzungen und zwei Arbeitsessen). Außerdem: posieren fürs "Familienfoto" und Gespräche mit Delegierten eines Jugendgipfels. Freitag: Kontaktaufnahme mit dem Rest der Welt. Zunächst mit den "Outreach-Afrika-Länder". Anschließend mit den Schwellenländern O-5 ( siehe oben). Zum Lunch geladen sind alle G-8, alle Outreach-Länder und Vertreter internationaler Organisationen (ca. 35 Teilnehmer). Nachmittag: Abschluss-Pressekonferenz von Angela Merkel.
Was machen Schüler bei den G-8?
Parallel zu den erwachsenen Weltenlenkern treffen sich in Wismar in Mecklenburg-Vorpommern Schüler und Jugendliche aus allen G-8-Staaten zum sogenannten Junior-8-Gipfel. Eine Woche beraten sie über die Themen der Großen. Dort diskutieren und erarbeiten die Schüler Vorschläge und Empfehlungen, die dann eine Delegation den acht Staats- und Regierungschefs am Donnerstag persönlich in Heiligendamm vortragen darf. Deutschland wird bei dem Gipfel durch acht Schüler der Internatsschule Schloss Hansenberg in Geisenheim (Hessen) vertreten.
Wer hat Heiligendamm ausgewählt?
Die Entscheidung für den Tagungsort Heiligendamm fiel um Weihnachten 2004 unter dem damaligen Kanzler Gerhard Schröder.
Kann man sich als G-8-Tagungsort bewerben?
Für politische Großveranstaltungen wie diese gibt es keine Ausschreibung, wohl aber Bewerbungen. Da der letzte G-8-Gipfel in Deutschland im Juni 1999 in Köln war, hatte Ostdeutschland einen Startvorteil. Und weil seit den Ausschreitungen auf dem Gipfel in Genua eine Stadt eher nicht mehr infrage kommt, richtete sich der Blick schnell auf die Ostseeküste. Vorteil für Merkel: Ihr Wahlkreis liegt in der Nähe.
Wer baut den Verhandlungstisch?
Das ist bis zum 6. Juni ein Staatsgeheimnis. Hergestellt wird er von einem mittelständischen Unternehmen "aus dem südlichen Norddeutschland". Bisher kennen den Tisch nur die Handwerker - und der Protokollchef des Auswärtigen Amts. Der Tisch wird mit Konferenzelektronik bestückt. So können die G-8 jederzeit mit ihren Delegationen kommunizieren. Schwenkbare Kameras zeigen den jeweils Sprechenden. Das hilft den Simultanübersetzern. Sie hören nicht nur, sondern können von den Lippen ablesen.
Wie viele Demonstranten kommen?
Auf den vom "Block G-8"-Bündnis in Rostock organisierten Demos zwischen dem 1. und 9. Juni werden bis zu 100.000 Teilnehmer erwartet. Die meisten Demonstranten marschieren voraussichtlich auf der Großdemo am 2. Juni in Rostock.
Wer steht hinter dem G-8-Protest?
Mehr als 100 Organisationen und Gruppen - nach eigenen Angaben "aus der Umwelt- und Anti-Atom-Bewegung, aus globalisierungskritischen Netzwerken und der radikalen Linken, aus gewaltfreien Aktionsgruppen und Antifa-Zusammenhängen, aus Partei- und Gewerkschaftsjugenden oder aus kirchlichen Gruppen". Zur Großdemo am 2. Juni rufen Organisationen wie Greenpeace, das globalisierungskritische Netzwerk Attac oder Medico International auf, aber auch politische Jugendorganisationen wie Jusos oder Grüne Jugend und radikale Gruppierungen wie die Interventionistische Linke.
Welche Formen des Protests soll es geben?
"Block G-8" will sich "aktiv den G-8 in den Weg stellen und die wenigen Zufahrtsstraßen zum abgelegenen Tagungsort besetzen und blockieren, die der Tross von DiplomatInnen, ÜbersetzerInnen und Versorgungsfahrzeugen passieren muss". Kurz: Die Veranstalter "wollen den G-8-Gipfel real und effektiv unterbrechen und von seiner Infrastruktur abschneiden". Ansonsten, so sieht es die "Choreografie des Widerstandes" vor: Demonstrationen, Aktionstage, Alternativ-Gipfel und Konzerte. Am 7. Juni zum Beispiel in Rostock mit Herbert Grönemeyer, Bono und den Toten Hosen.
Welche Proteste muss der Staat zulassen? In welchem Umfang darf die Polizei Demos verhindern?
Die Versammlungsfreiheit ist ein besonders wichtiges Grundrecht. Sie kann nur eingeschränkt werden, wenn eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit droht. Gerichte prüfen in Eilverfahren durch mehrere Instanzen, ob die Polizei mit ihrem großflächigen Demonstrationsverbot im Umfeld des Gipfels nicht zu weit gegangen ist. Wahrscheinlich wird es einen Kompromiss über Zeiten, Routen und Rettungswege geben. Im Brokdorf-Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht eine "versammlungsfreundliche" Güterabwägung verlangt. Eine gesetzliche Bannmeile wie um Parlamente gibt es um Heiligendamm nicht. Sitzblockaden auf Straßen werden nach herrschender Rechtsauffassung als Ordnungswidrigkeit ausgelegt, wenn eine Demonstration von der Polizei etwa nach Ausschreitungen zu Recht aufgelöst worden ist.
Dürfen Geruchsproben von Globalisierungsgegnern genommen werden?
Generell natürlich nicht. In Hamburg wurden sie von fünf Verdächtigen genommen, gegen die Ermittlungsverfahren wegen "Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung" laufen. Sie stehen im Verdacht, Autos angezündet zu haben. Geruchsproben gibt es auch bei der Fahndung nach Brandstiftern oder Sexualtätern, sie können Indizien bei Ermittlungen liefern, sind aber vor Gericht nur eingeschränkt verwertbar. Politisch fatal ist allerdings, dass die Stasi mit derselben Methode gegen Oppositionelle vorging.