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Follow Me 737 Max: Neue Boeing wird zum Pannenflieger - nicht zum ersten Mal

Boeing 737 Max 8
Überreste der abgestürzten Boeing 737 Max 8 von Ethiopian Airlines bei Addis Abeba: Zusammen mit der Absturz der Lion-Air-Fluges 610 vor wenigen Monaten sind 346 Tote zu beklagen.
© Michael Tewelde / AFP
Im Stundentakt melden Fluggesellschaften, zu deren Flotte die neue Boeing 737 Max 8 gehört, dass sie ihre Jets am Boden lassen – ein richtige "Vorsichtsmaßnahme". Es ist nicht das erste Mal, dass Boeing Probleme mit einem neuen Modell hat.

Gestern China, heute auch Europa: Immer mehr Airlines parken neue Boeing-Jets am Boden. Noch wurde keine Boeing 737 Max an eine deutsche Fluggesellschaft ausgeliefert, aber Flugreisende auch aus Deutschland sind von Flugstreichungen, Überflugsverboten und Umbuchungen betroffen, da der Maschinentyp unter anderem beim Billigflieger Norwegian, bei Turkish Airlines und den Tui Airlines im Einsatz ist – beziehungsweise war.

Denn beide Airlines haben nach der Verhängung des Flugverbotes für die Boeing 737 Max 8 in Großbritannien ihre Flüge mit dem umstrittenen Flugzeug eingestellt.

Traurige Bilanz der 737 Max 8: 346 Tote

Nach zwei Abstürzen innerhalb weniger Monate von ein und demselben Flugzeugmuster ist das eine richtige Entscheidung von den Airlines und von den Flugaufsichtsbehörden. Immerhin sind 346 Tote zu beklagen: Am 29. Oktober 2018 verloren 189 Menschen beim Lion-Air-Absturz bei Jakarta in Indonesien und am 10. März 2019 bei der Ethiopian-Air-Katastrophe bei Addis Abeba 157 Menschen ihr Leben.

In beiden Fällen handelte es sich um erst wenige Monate alte Maschinen vom Typ Boeing 737 Max 8, die modernste und kontinuierlich weiterentwickelte Variante des meistgebauten Passagierjets der Welt. Seit mehr als 50 Jahren wird die Boeing 737 produziert. Alle Flugzeuge dieses Typs haben zusammen die unvorstellbare Zahl von mehr als 20 Milliarden Passagieren transportiert.

Doch es gibt auffällige Parallelen bei beiden Abstürzen, die jeweils nur wenige Minuten nach dem Start erfolgten. Die Cockpit-Crews hatten noch im Steigflug mit technischen Problemen zu kämpfen, erklärten die Luftnotlage und baten um Rückkehr zum Ausgangsort.

Der Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt vermutet eine zusätzlich in die Baureihe implementierte Software als Ursache für den Absturz in Äthiopien, die verhindert, dass die Flugzeugnase nicht zu hoch genommen und somit ein Strömungsabriss unterbunden wird. Dieses System lässt sich von den Piloten deaktivieren. "Das ist relativ einfach, das ist mehr oder weniger ein Knopfdruck", sagte Großbongardt dem "Ö1-Mittagsjournal" im "ORF". Noch ist dies eine Vermutung. Es bleibt die Auswertung der Flugschreibers und des Stimmenrekorders abzuwarten, die inzwischen in Äthiopien geborgen wurden.

Grounding der Boeing 787 im Jahr 2013

Immer mehr Länder verbieten der Boeing 737 Max nicht nur Start- und Landung, sondern verbannen die Flugzeuge auch aus ihrem Luftraum und erteilen Überflugverbote – unter anderem auch Deutschland. Das komplette "Grounding" dieses Flugzeugtyps scheint nur noch eine Frage der Zeit sein.

Das Flugverbot für einen bestimmte Maschine ist eine Sicherheitsmaßnahme. Zuletzt erlebte Boeing mit dem neuen "Dreamliner" dieses Szenario. Nach mehreren Bränden verhängte die US-Luftfahrtbehörde FAA 2013 ein weltweites Grounding für die Boeing 787.

Für Boeing kommen die negativen Schlagzeilen zur Unzeit. Am Mittwoch wollte der Flugzeugbauer in Seattle seinen neuen Großraumjet, die Boeing 777X, in einer Rollout-Zeremonie der Weltöffentlichkeit präsentieren. Der Termin wurde abgesagt. Schon allein aus Rücksicht auf die Opfer und deren Angehörigen eine richtige Entscheidung.

Machtkampf zwischen Airbus und Boeing

Beim Max-Drama geht es auch um die Dauerfehde zwischen zwei Rivalen: "Boeing gegen Airbus". Die beiden Flugzeughersteller wetteifern nicht nur um den Weltmarkt, sondern auch um die meisten Auslieferungen pro Jahr und wer die besseren Flugzeuge baut. Da kann ein Flugverbot eines Landes beziehungsweise von Europa durchaus auch als eine wirtschaftspolitische Handlung verstanden werden.

Doch wir erinnern uns: Auch ein Airbus A320, der 1987 erstmals abhob, verunglückte im Juni 1988. Eine der ersten Maschinen von Air France stürzte bei einem Charterflug aus geringer Höhe bei einer Flugschau im Elsass ab. Die Triebwerke hatten zunächst nicht auf eine Schubverstärkung des Piloten reagiert. Der brandneue Airbus krachte in einen Wald. Die meisten Passagiere überlebten, drei starben bei dem anschließenden Feuer. Die Unfallursache wurde allerdings nie endgültig geklärt. Doch für Airbus stand damals viel auf Spiel: Es ging um den Verkaufserfolg des neuen Jets.

Auch bei Boeing geht es bei der Max um sehr viel Geld. Denn die neuste Boeing ist ein Verkaufsschlager: 350 Exemplare sind bereits ausgeliefert worden. Mehr als 5000 Exemplare stehen noch in den Auftragsbüchern. In dieser Woche soll als erste deutsche Fluggesellschaft Tuifly in Seattle ihr erstes Exemplar in Empfang nehmen. Anschließend wird sie über den Atlantik gen Europa geflogen – allerdings leer. Unklar ist, wo sie landen soll - schließlich hat auch Deutschland ein Flugverbot verhängt.

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