Deutschland wird das Kosovo nach Angaben von Bundeskanzlerin Angela Merkel am Montag noch nicht als souveränen Staat anerkennen. Es werde am heutigen Tag noch keine Entscheidung Deutschlands dazu geben, sagte sie vor ausländischen Journalisten in Berlin. Ziel sei, eine gemeinsame Handlungsplattform in der Europäischen Union (EU) zu schaffen, aufgrund derer jeder einzelne Mitgliedstaat agieren könne.
Die südserbische Provinz Kosovo hatte sich am Sonntag für unabhängig erklärt. Gegen den erbitterten Widerstand Russlands und Serbiens hatte das Parlament in Pristina die Geburtsstunde des neuen Staates ausgerufen. Viele westliche Staaten werden das Kosovo indes voraussichtlich anerkennen, auch Deutschland. In Brüssel beraten derzeit die EU-Außenminister über das Thema.
Gespaltener Sicherheitsrat
Bereits wenige Stunden nach der Unabhängigkeitserklärung des Kosovos forderte Russland vor dem Weltsicherheitsrat die Annullierung des Schrittes. Im Gegensatz zu Russland erklärten die USA und die europäischen Mitglieder des Sicherheitsrats am Sonntagabend in New York ihre Unterstützung für Pristina.
"Die Entwicklung im Kosovo ist im vollen Einklang mit dem internationalen Recht und der bestehenden UN-Resolution 1244", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung, die auch von Deutschland mitgetragen wurde. Eine Unabhängigkeit unter Aufsicht der internationalen Gemeinschaft sei die einzig tragbare Lösung für Stabilität und Sicherheit. Die Europäische Union wolle mit ihrer Rechtsstaatsmission "Eulex" dabei helfen.
Widerstand aus Russland und China
Der russische UN-Botschafter Witali Tschurkin sagte nach einer Dringlichkeitssitzung des Sicherheitsrats, die im Kosovo stationierte UN-Verwaltungsmission Unmik habe auf der Grundlage der UN-Resolution 1244 weiterhin die volle Autorität über das Gebiet. Deshalb solle der Unmik-Chef den einseitigen Schritt Pristinas für null und nichtig erklären.
Der Sicherheitsrat, der auf Drängen Russlands einberufen wurde, traf am Sonntag keine Entscheidungen. Heute will das höchste UN-Gremium erneut beraten. An der Sitzung werde auch Serbiens Präsident Boris Tadic teilnehmen, kündigte Tschurkin an. Russland lehnt als traditioneller Verbündeter Serbiens die Abspaltung des Kosovos ebenso ab wie China. Das chinesische Außenministerium äußerte, China sei "tief besorgt" über die einseitige Unabhängigkeitserklärung des Kosovo. Der Schritt könnte Frieden und Stabilität in der Region gefährden und die Entwicklung einer multi-nationalen Gesellschaft im Kosovo. Russland und China haben ein Vetorecht im Sicherheitsrat.
EU-Außenminister beraten über gemeinsame Haltung
Auch die EU-Außenminister beraten über die Unabhängigkeitserklärung. Es wird erwartet, dass sich Deutschland, Großbritannien und Frankreich an die Spitze derjenigen Staaten setzen werden, die eine Anerkennung der Unabhängigkeit befürworten. "Die EU ist hier, um jedem zu helfen", sagte der slowenische Außenminister und derzeitige EU-Ratsvorsitzende, Dimitrij Rupel, zu Beginn des Treffens mit seinen EU-Kollegen in Brüssel. "Wir haben so oft gesagt, dass wir die Serben, Kosovaren, Bosnier und Mazedonier, dass wir alle in der EU haben wollen", sagte er.
Die Minister wollten darüber diskutieren, wie man dieses Vorhaben schneller voran bringen könne. Er betonte jedoch, dass es im Hinblick auf die Unabhängigkeit der ehemaligen serbischen Provinz keine gemeinsame EU-Linie gebe. Jedes EU-Mitglied sei frei in seiner Haltung. Während sich alle 27 EU-Mitglieder für die Entsendung von 1.800 Beamten zum Aufbau rechtsstaatlicher Institutionen im Kosovo ausgesprochen haben, wenden sich mehrere Staaten gegen eine Anerkennung der Unabhängigkeit. Zu ihnen gehören Griechenland, Zypern, Rumänien, die Slowakei und Spanien.
Serbien verweigert Anerkennung
Die serbische Regierung verurteilte die Unabhängigkeitserklärung als null und nichtig. Ministerpräsident Vojislav Kostunica bekräftigte, dass sein Land die Unabhängigkeit nie anerkennen und niemals die Ansprüche auf das Kosovo aufgeben werde. Es handele sich um einen "falschen Staat, der unter der Militärkontrolle der USA steht", sagte Kostunica in einer vom Fernsehen übertragenen Ansprache. Am Donnerstag soll in Belgrad eine Großdemonstration gegen die Unabhängigkeit des Kosovos stattfinden.
Die albanischen Abgeordneten des Parlaments in der Hauptstadt Pristina votierten einstimmig für eine von der Regierung vorgeschlagene Deklaration. "Wir erklären, dass Kosovo ein unabhängiger, souveräner und demokratischer Staat ist", lautet die zentrale Aussage. Mit knapp 11 000 Quadratkilometern ist das Kosovo etwa halb so groß wie Mecklenburg-Vorpommern. Der neue Staat hat 2,1 Millionen Einwohner, die zu 95 Prozent von Albanern gestellt werden. Sein Land werde alle Auflagen für einen weitgehenden Schutz der rund 100.000 Menschen umfassenden serbischen Minderheit erfüllen und weiter mit den Vereinten Nationen und der EU zusammenarbeiten, sagte Regierungschef Hashim Thaci.