FDP im Umfragetief Philipp Rösler allein am Rhein

Um Philipp Rösler wird es einsam. Zur Herbstklausur der FDP in Mainz sorgt Hans-Dietrich Genscher mit einem bemerkenswerten Interview für Aufsehen. In den Umfragen fällt die FDP weiter ab.

Für FDP-Chef Philipp Rösler kommt es wieder einmal knüppeldick. Dass sich sein Generalsekretär Patrick Döring in der Debatte über den Umgang mit gestohlenen Steuer-CDs öffentlich gegen Parteifreundin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger gestellt hat, versetzt viele in der FDP in Rage. Jetzt holt pünktlich zur Herbstklausur der Bundestagsfraktion der Ehrenvorsitzende Hans-Dietrich Genscher zum nächsten Schlag aus.

Was der 85-Jährige in einem #link;http://www.general-anzeiger-bonn.de/news/politik/FDP-Ehrenvorsitzende-fordert-von-seiner-Partei-mehr-Profil-article848833.html;Interview des "Bonner General-Anzeigers"# sagt, wirkt wie ein Affront gegen Rösler. Genscher verlangt mehr Kante von seiner Partei, lobt Christian Lindner in Nordrhein-Westfalen ("Imponiert mir") und Wolfgang Kubicki in Schleswig-Holstein, die gezeigt hätten, "dass man mit einem klaren politischen Profil gegen einen vermeintlichen Trend erfolgreich sein kann". Dann bringt er Fraktionschef Rainer Brüderle in Stellung: "Er ist ein absoluter Trumpf für die Partei und gewinnt zunehmend an Gewicht für die liberale Sache."

Den Parteichef klammert der immer noch einflussreiche Altliberale schlicht aus. Wie gefährlich das für Rösler werden könnte, lässt sich daran ermessen, dass Genscher nach Angaben aus Parteikreisen seit Wochen hinter den Kulissen Gespräche über die Zukunft der FDP führt. Er sei empört darüber, auf welche Weise Rösler versucht habe, aus der Eurokrise parteipolitisch Kapital zu schlagen, heißt es.

Solidarität für Leutheusser-Schnarrenberger

Schon Anfang August hatte Genscher im "Tagesspiegel" geschimpft, in der Debatte über den Eurorettungskurs werde viel Blech geredet - "neonationalistisches dazu". Kurz zuvor hatte Rösler erklärt, ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone habe für ihn längst seinen Schrecken verloren.

Zur Fraktionsklausur in Brüderles Heimatstadt Mainz ist Rösler und seiner Truppe nach Ansicht von Parteifreunden nun ein neuer taktischer Fehler unterlaufen. Seitdem sich Döring öffentlich von dem Vorschlag Leutheusser-Schnarrenbergers distanziert hat, den Ankauf gestohlener Steuersünder-Daten unter Strafe zu stellen, ist wieder Feuer unterm Dach - oder zumindest Glut.

Döring hatte am Montag erklärt, die große Mehrheit des Präsidiums sehe den Vorschlag der stellvertretenden Parteivorsitzenden skeptisch, Rösler und er hätten davon aus den Medien erfahren. Nun ist der Vorschlag zwar auch in der Fraktion nicht unumstritten, die ungewöhnlich offene Attacke Dörings führte jedoch flugs zu einer Welle der Solidarität mit Leutheusser-Schnarrenberger.

FDP fällt unter Fünfprozenthürde

Nicht nur Wolfgang Kubicki, sondern auch andere wie Brüderle und Lindner sprangen der Ministerin demonstrativ bei. Noch bevor sich am Dienstagabend der Fraktionsvorstand in Mainz traf, versuchte Rösler deshalb, die Wogen zu glätten. In einem Interview verwies er auf die SPD-Blockade beim Steuerabkommen mit der Schweiz und betonte: "Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat Recht, wenn sie auf die Doppelmoral der Sozialdemokraten hinweist."

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Der Parteivorsitzende nimmt als Gast an der Klausurtagung teil, er selbst hat bislang kein Abgeordnetenmandat. Beim Gespräch und beim Abendessen des Fraktionsvorstandes am Dienstagabend seien die Vorfälle kein Thema gewesen, hieß es. Aus Röslers Umgebung verlautete, er selbst sei sehr überrascht gewesen von der scharfen öffentlichen Distanzierung Dörings. Ob die Sache damit erledigt ist, ist fraglich. Fest steht, dass sich Rösler in den letzten Tagen keine neuen Freunde in der Fraktion gemacht hat.

In der neuesten Forsa-Umfrage ist die FDP wieder abgerutscht. Im wöchentlichen Wahltrend für "Stern" und RTL kommen CDU und CSU zum zweiten Mal in Folge auf 39 Prozent, die Liberalen sinken dagegen im Vergleich zur Vorwoche um einen Punkt auf nur noch 4 Prozent.

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Uta Winkhaus, DPA