Streit um Kosten "Nicht zu allem einfach nein sagen": Länder erhöhen vor Flüchtlingsgipfel Druck auf Berlin

Flüchtlinge aus der Ukraine in Hamburg (Archivbild)
Flüchtlinge aus der Ukraine in Hamburg (Archivbild). Die Bundesländer schlagen ob der hohen Anzahl an Schutzsuchenden Alarm.
© Marcus Brandt / DPA
Mitte kommender Woche wollen Bund und Länder über die Unterbringung und Integration von Flüchtlingen beraten. Die Ministerpräsidenten und Ministerpräsidentinnen erhöhen den Druck – und bekommen dabei auch Unterstützung aus der Bundespolitik.

Vor den geplanten Bund-Länder-Beratungen zur Flüchtlingspolitik haben die Ministerpräsidenten und Ministerpräsidentinnen ihre Forderungen nach finanzieller Unterstützung vom Bund erneuert. "Parteiübergreifend haben sich die 16 Länder verständigt, dass sich der Bund und die Länder die Kosten teilen sollten, also wenigstens 50:50", sagte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst der Düsseldorfer "Rheinischen Post" und dem Bonner "General-Anzeiger".

Regierung will Zahlungen an Länder für Flüchtlinge nicht erhöhen

Die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) machte Christian Lindner (FDP) für die verhärteten Fronten verantwortlich: "In einer außergewöhnlichen Situation wie dieser kann der Bundesfinanzminister nicht zu allem einfach nein sagen", sagte Rehlinger den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Alle Zahlen zeigen, dass wir uns derzeit in einer außergewöhnlichen Sondersituation befinden durch Flüchtlinge aus der Ukraine." Der Bund müsse deshalb "eine verlässliche, dauerhafte Finanzierung sicherstellen".

Der neue Regierende Bürgermeister Berlins, Kai Wegner (CDU), forderte im "Spiegel", die finanzielle Last gerecht zu teilen. Thüringens Innenminister Georg Maier warnte im Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), es sei ein gefundenes Fressen für die AfD, wenn die Kommunen Schwierigkeiten bekämen, die Kosten zu bestreiten.

Der Bund ist bislang weder bereit, seine Zahlungen zu erhöhen, noch ist er an einer Rückkehr zum System der Pro-Kopf-Pauschalen interessiert. Stattdessen wird in einem Entwurf aus dem Kanzleramt für eine Beschlussvorlage zu dem Treffen vorgerechnet, wie viel der Bund jetzt schon zu den Ausgaben mit Flüchtlingsbezug beiträgt.

Zu den in dem Papier enthaltenen Vorschlägen, die für Entlastung sorgen sollen, gehört etwa eine Verlängerung der Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis von Flüchtlingen mit eingeschränktem Schutzstatus von einem auf drei Jahre. Die Idee dahinter: Wenn Menschen mit subsidiärem Schutzstatus nicht mehr jährlich zur Ausländerbehörde müssen, hat das Personal mehr Zeit, sich um andere Aufgaben zu kümmern. Außerdem wird überlegt, wie man Ausländer, die trotz eines Einreiseverbots nach Deutschland gekommen sind, leichter in Abschiebungshaft nehmen kann.

Die Grünen-Bundesvorsitzende Ricarda Lang unterstützte die Länder bei ihren Forderungen. Es gebe ein gemeinsames Interesse, dass vor Ort gute Lösungen entstehen könnten. "Wenn dafür Unterstützung nötig ist, muss der Bund helfen, auch finanziell", sagte sie der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten". Dass Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bei dem Thema auf die Verhandlungen über das neue Asylsystem in Europa verweise, sei zwar wichtig, sagte Lang. "Aber die Verhandlungen werden viele Monate dauern. Das hilft den Kommunen nicht, bei denen es jetzt brennt."

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Faeser sieht gute Chancen, innerhalb der EU bald zu einer Lösung in der Migrationspolitik zu kommen. "Die jahrelange gegenseitige Blockade in der EU haben wir schon durchschlagen", sagte sie der "Bild am Sonntag". Dabei geht es vor allem um den Vorschlag für Asylzentren an den EU-Außengrenzen, von wo Asylbewerber auch zurückgeschickt oder gerecht verteilt werden können.

Beim Ratstreffen der EU-Innenminister am 8. Juni geht es um die seit Jahren strittige Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS). Vor allem Staaten an den EU-Außengrenzen wie Italien und Staaten wie Deutschland, die das Ziel vieler Asylbewerber sind, haben mit Blick auf die Europawahlen im kommenden Jahr großes Interesse, dazu bald eine Einigung zu erzielen.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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DPA · AFP
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