Wenn es Sommer wird in Deutschland, kommt die CSU mit dem Ruf nach einer PKW-Maut - natürlich auch im Vorwahlsommer 2013. Schließlich spüren es deutsche Urlauber in der anrollenden Ferienreisewelle gerade wieder direkt im Portemonnaie, wie sie in Italien oder Frankreich auf Autobahnen zur Kasse gebeten werden. Da wollen die Christsozialen mit der Forderung nach "Fairness" für heimische Autofahrer punkten. Und zwar erst recht, weil das sonst niemand tut. Längst hat sich im politischen Berlin eine große rot- grün-schwarz-gelbe Koalition gegen die Maut formiert, inklusive der Schwesterpartei CDU. Profilieren können sich damit alle.
Von Rückschlägen bei der langjährigen CSU-Forderung hat sich Parteichef Horst Seehofer jedenfalls nicht sonderlich beeindrucken lassen. Wie erwartet blitzten die Bayern damit ab, die Maut ins gemeinsame Programm der Unionsparteien für die Bundestagswahl zu bringen. "Sie können sich darauf verlassen, dass sie die CSU mit der erforderlichen Hartnäckigkeit und Sorgfalt weiter verfolgt", machte Seehofer aber gleich deutlich. Und kündigte an: "Dann wird es ja bei Koalitionsverhandlungen sicher vernünftige Gespräche dazu geben."
CSU und CDU wollen das Reizthema vorantreiben
Überhaupt spielt der bayerische Ministerpräsident in Sachen Maut mit hohem Einsatz. "Ich werde keinen Koalitionsvertrag unterschreiben nach der Bundestagswahl, wo diese Antwort auf die Finanzierung der Verkehrsfrage nicht gegeben wird", verkündete Seehofer schon zu Jahresbeginn. Unabhängig von der CDU will die CSU das Reizthema denn auch auf eigene Faust vorantreiben und nun eben in ihren separaten "Bayernplan" für die Landtagswahl am 15. September schreiben. Die Stoßrichtung macht eine Wahlkampf-Postkarte klar: "WENN Sie in Österreich, Italien, Schweiz MAUT bezahlen, DANN sollten Reisende aus dem Ausland auch bei uns MAUT bezahlen."
Dabei schwebt der CSU eine Vignette vor, die etwa 80 Euro pro Jahr kosten könnte - und von den Grünen prompt als "sozial ungerechte Kopfpauschale und Flatrate für Raser" attackiert wird. Eine Vignette wäre zudem anders als aufwendigere Technologien relativ rasch in zwei bis drei Jahren einzuführen. Die Einnahmen müssten komplett in die Straße fließen, betont Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU). Wie ein möglicher Ausgleich für deutsche Autofahrer aussehen könnte, ist aber unklar. Dass die EU solche exklusive Schonung durchgehen lassen könnte, wird selbst von Unionspolitikern bezweifelt.
Der Autofahrerclub ADAC mit seinen 18 Millionen Mitgliedern warnt ebenfalls davor, ausländische PKW als neue Geldquelle anzuzapfen. Fahrzeuge aus Nachbarstaaten seien über Energiesteuern beim Tanken schon umfassend an der Finanzierung des Verkehrsnetzes beteiligt, heißt es aus der Münchener Clubzentrale. "Sie bringen dem Staat fast das Doppelte an Einnahmen, was sie an Kosten verursachen." Ohnehin machten Wagen mit fremden Kennzeichen im Jahresschnitt nur fünf Prozent der PKW-Fahrleistung auf den Autobahnen aus. Da könnten mögliche Einnahmen nicht einmal reichen, die Kosten eines Mautsystems zu decken.
Merkel stellt sich gegen die Maut
Kanzlerin Angela Merkel macht sich mittlerweile schon gar nicht mehr die Mühe, ihr Nein zur Maut näher zu erläutern. "Ich brauche meinen bisherigen Äußerungen nichts hinzuzufügen. Die gelten nach wie vor", sagte die CDU-Chefin gerade kurz und knapp bei der Vorstellung des Unions-Programms. Für einen bundesweiten Wahlkampfschlager werden mögliche Mehrbelastungen für Millionen Autofahrer in der CDU-Spitze aber erkennbar nicht gehalten. Da gebe es in Bayern wohl eine "spezifische Situation".
Ernsthaft eskalieren soll der Streit unter Unionsschwestern im Wahlkampf aber auch wieder nicht. Schließlich fordern alle, dass mehr Geld für Fahrbahnen und Brücken her muss - Drohungen mit einer Maut als Instrument hin oder her. Möglich sind auch Aufschläge für den regulären Verkehrsetat, wie Ramsauer pragmatisch feststellen konnte. Als "Nebeneffekt" der immer wieder hochkochenden Debatte holte er schon einmalig 1,75 Milliarden Euro extra heraus. Prüfen lassen könnte die CSU eine Maut in einer künftigen Koalition trotzdem.