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Fußball-EM in der Ukraine Rufe nach Verlegung werden lauter

Erst waren es Boykottdrohungen, inzwischen werden bei deutschen Politikern die Rufe nach einer Verlegung der Fußball-EM aus der Ukraine immer lauter. Es soll sogar schon einen Alternativplan geben.

Im Streit mit der Ukraine um die inhaftierte Ex-Ministerpräsidentin Julia Timoschenko fordern parteiübergreifend Politiker, über eine Verlegung der EM-Spiele aus der Ukraine nach Deutschland nachzudenken. Erika Steinbach, menschenrechtspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, sagte in der Feiertagsausgabe der "Bild am Sonntag": "Eine Verlegung der Spiele von der Ukraine nach Polen, Österreich oder Deutschland wäre das richtige politische Signal an die undemokratische Regierung in Kiew. Das würde den größten Druck erzeugen."

FDP-Generalsekretär Patrick Döring pflichtete ihr in dem Blatt bei: "Sollte es Alternativen zu den Spielstätten in der Ukraine in Polen geben, muss man diese ernsthaft und schnell überprüfen. Unsere Fußballer singen vor dem Spiel die Nationalhymne 'Einigkeit und Recht und Freiheit' - das muss auch außerhalb des Fußballstadiums gelebte Realität sein."

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Gabriele Fograscher, Mitglied im Sportausschuss, drängt den europäischen Fußballverband ebenfalls zu einer Verlegung: "Wegen der Sicherheitslage und den Menschenrechtsverletzungen sollte die Uefa die EM-Spiele aus der Ukraine verlegen. Deutschland bietet sich wegen seiner Nachbarschaft zu Polen als Austragungsort an." Auch der Vorsitzende des Bundestagswirtschaftsausschusses, Ernst Hinsken (CSU), fordert die Uefa auf, zu prüfen, ob nicht Polen die EM allein ausrichten könne. "Sollte das nicht möglich sein, dann könnte in Deutschland geprüft werden, inwieweit eine Zusammenarbeit mit Polen möglich ist, um diese EM ohne die Ukraine zu realisieren", so Hinsken.

Polizeigewerkschaft hält EM-Spiele in Deutschland für möglich

Nach Ansicht der deutschen Polizeigewerkschaften wäre eine kurzfristige Verlegung von EM-Spielen aus der Ukraine nach Deutschland kurzfristig möglich. "Bereits vor mehr als einem Jahr haben sich Vertreter von Uefa, DFB und Bundesinnenministerium an einen Tisch gesetzt, um ein Krisen-Szenario zu entwickeln", sagte der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Bernhard Witthaut, der "Bild am Sonntag".

"Fakt ist: Es gibt in der Schublade einen Alternativplan. Danach ist Deutschland in der Lage, kurzfristig die ukrainischen EM-Spiele zu übernehmen. Die Zeit dafür würde auch jetzt noch ausreichen." Solche Pläne seien normal, wenn Großveranstaltungen in politisch instabilen Ländern stattfänden, betonte Witthaut.

Dagegen zitierte die Zeitung einen Sprecher des Bundesinnenministeriums mit den Worten, ein Krisenplan zur Übernahme eines Teils der EM-Spiele sei ihm nicht bekannt.

Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, sagte der "Bild am Sonntag", er halte die deutsche Polizei für ausreichend gerüstet, um ein sportliches Großereignis wie die EM kurzfristig abzusichern. "Deutschland wäre bereit. Wir würden das sofort schaffen. Zwar steht die Polizei immer unter Belastungen, aber in einem solchen wichtigen und dringenden Fall hätten wir die Manpower und das Know-how."

UEFA-Turnierdirektor Martin Kallen hatte einen kurzfristigen Wechsel von Spielen der Fußball-Europameisterschaft von der Ukraine nach Deutschland am Montag ausgeschlossen. "Das bekäme man in so kurzer Zeit nicht hin", hatte er der "Süddeutschen Zeitung" gesagt. Sollte eine EM nicht durchführbar sein, müsste das Turnier auf ein anderes Jahr verschoben werden.

Niebel schließt sich Boykott-Sympathisanten an

Unterdessen hat mit Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel (FDP) ein weiteres Regierungsmitglied seine Sympathie für einen möglichen politischen Boykott der EM in der Ukraine erklärt. "Es ist gut, der Ukraine aufzuzeigen, was schlimmstenfalls passieren kann", sagte Niebel der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post". Die Ukraine solle "die Zeit und die Chance nutzen, zu den selbst gewählten Standards von Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit und damit auf den Weg nach Europa zurückzukehren", unterstrich der FDP-Minister.

Der CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler forderte die Bundesregierung auf, die Ukraine wegen der schlechten Behandlung von Frau Timoschenko zu verklagen. "Die Bundesregierung sollte Staatenbeschwerde beim Europäischen Menschenrechtsgerichtshof einlegen wegen Verstoß gegen Artikel sechs der Europäischen Menschenrechtskonvention. Das darin enthaltene Recht auf ein faires Verfahren wird im Fall Timoschenko mit Füßen getreten", so Gauweiler.

Künast wünscht sich Zeichen von DFB-Kickern

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Renate Künast, wünscht sich von den deutschen Fußballer bei der EM aus Solidarität mit Timoschenko ein Zeichen: „Der orange Schal war ein Zeichen für die demokratischen Ziele der Revolution in der Ukraine. Ein solches Zeichen sollten Funktionäre und Sportler deutlich sichtbar tragen."

Wolfgang Kubicki, FDP-Spitzenkandidat in Schleswig-Holstein, forderte alle Fußball-Fans zum Boykott der Spiele in der Ukraine auf: "Schickt eure Karten zurück oder fahrt erst gar nicht zur EM in die Ukraine!"

kng/DPA/AFP DPA

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