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Minister-Anhörungen So krass widersprechen Trumps Auserwählte ihrem künftigen Chef

Im US-Senat laufen seit Tagen die Anhörungen der Kandidaten für das Kabinett von Donald Trump. Das Überraschende: Einer nach dem anderen vertreten die Nominierten bei Kernthemen eine völlig andere Politik als der kommende Präsident.

Erzkonservative Hardliner, schwerreiche Quersteinsteiger und hartgesottene Ex-Generäle: Die Kandidatenauswahl von Donald Trump für sein Regierungsteam ist hoch umstritten. Nimmt man dann noch die Aussagen des künftigen US-Präsidenten zu Themen wie Russland, Nato und Umweltschutz hinzu, schrillen schnell die Alarmglocken. Seit dieser Woche stellen sich die Nominierten nun den Anhörungen im US-Senat und so mancher Beobachter reibt sich verwundert die Augen: Einer nach dem anderen nehmen Trumps künftige Minister Positionen ein, die in völligem Widerspruch zu den Aussagen ihres künftigen Chefs stehen.

Bei diesen zentralen politischen Themen klaffen die Ansichten von Donald Trump und seinen Auserwählten weit auseinander:

Russland:

  • Donald Trump setzt auf engere Beziehungen zu Russland. Er bewundert nach eigener Aussage die Führungsstärke von Wladimir Putin, nannte den Präsidenten "klug" und lobte in einem 2011 erschienenen Buch dessen "Intelligenz" und "Geradlinigkeit".
  • Trumps künftiger Außenminister Rex Tillerson erklärte dagegen in seiner Anhörung, Russland bemühe sich zwar international um "Respekt und Bedeutung", habe zuletzt aber "amerikanische Interessen missachtet".
  • Der angehende Verteidigungsminister James Mattis machte sich für eine Politik der Abschreckung gegenüber Moskau stark und warnte vor Versuchen Putins, den USA und Nato-Verbündeten zu schaden:  "Der momentan wichtigste Punkt ist, dass wir erkennen müssen, mit wem wir es bei Herrn Putin in Wirklichkeit zu tun haben". Putin strebe danach, "die nordatlantische Allianz aufzubrechen". Trumps Chancen für eine bessere Zusammenarbeit mit Russland bewertete der Ex-General unverhohlen skeptisch: "Es gibt eine lange Liste von Gelegenheiten, bei denen wir versucht haben, positiv mit Russland zusammenzuarbeiten, und wir haben eine relativ kurze Liste von Erfolgen in dieser Hinsicht."
  • Trumps Kandidat für den Job als CIA-Chef, Mike Pompeo, erklärte, es sei "ziemlich eindeutig", dass Russland versucht habe, Einfluss auf die Präsidentschaftswahl zu nehmen. "Das war ein aggressives Verhalten der Führungsspitze in Russland".

Folter:

  • Donald Trump sagte im Wahlkampf "Folter wirkt", nannte Waterboarding "Peanuts" und kündigte weitaus schlimmere Folterpraktiken an.
  • CIA-Anwärter Mike Pompeo versicherte dagegen, er werde sich an die Gesetze halten und würde "keinesfalls" einem Folter-Befehl des Präsidenten folge leisten. Er könne sich auch nicht vorstellen, dass er dazu von Trump aufgefordert werden würde.
  • Der designierte Heimatschutzminister John Kelly erklärte, die USA sollten niemals auch nur annähernd dahin kommen, eine Linie zu überschreiten, die jenseits dessen liege, was die Amerikaner selbst in Bezug auf Verhörtechniken erwarten würden.

Klimawandel:

  • Donald Trump nannte den Klimawandel im Wahlkampf "einen großen Schwindel, damit eine Menge Leute eine Menge Geld machen können" und kündigte an, das Pariser Klimaschutzabkommen aufzukündigen. Nach seinem Wahlsieg erklärte Trump, er stehe dem Thema "offen" gegenüber.
  • Rex Tillerson plädiert für die Fortsetzung des internationalen Dialogs:  "Ich denke, es ist wichtig, dass die USA ihren Platz am Tisch behalten bei den Gesprächen über die Bedrohungen des Klimawandels, die eine weltweite Antwort erfordern", sagte Tillerson. Kein Land könne das alleine lösen.

Nato:

  • Donald Trump nannte die Nato überkommen und stellte sogar das Bündnis-Prinzip der Beistandsverpflichtung infrage.
  • James Mattis unterstrich die Verbundenheit der USA zur Nato und nannte sie das erfolgreichste Militärbündnis der modernen Geschichte. "Meine Ansicht ist, dass Nationen mit Verbündeten Erfolg haben, Nationen ohne Verbündete nicht."

Rüstung

  • Donald Trump drohte im Dezember mit atomarer Aufrüstung der USA, sollten Russland oder andere Staaten ihr Atomwaffenarsenal ausbauen. Laut einem Bericht des Senders MSNBC sagte der gewählte Präsident gar, er sei bereit zu einem neuen Wettrüsten. Das Atomabkommen mit dem Iran stellt Trump in Frage. In einer Rede im vergangenen März nannte er dessen Rücknahme seine "Priorität Nummer eins".
  • Rex Tillerson will, dass die USA sich weiter für die nukleare Nichtverbreitung einsetzen. "Wir können nicht von unserer Verpflichtung abweichen, die Zahl dieser Waffen auf dem Planeten zu reduzieren", sagte er. Auf die Frage, ob Länder wie Südkorea und Japan Atomwaffen besitzen sollten, wie es Trump angedeutet hatte, antwortete Tillerson: "Das sehe ich nicht so."
  • James Mattis sagte Blick auf das Atomabkommen mit dem Iran, die USA müssten die internationale Vereinbarung einhalten. "Es ist eine unvollkommene Rüstungskontrollvereinbarung, es ist kein Freundschaftsabkommen, aber wenn Amerika sein Wort gibt, müssen wir uns daran halten, und mit unseren Verbündeten zusammenarbeiten."

Mexiko

  • Donald Trump will an der 3200 Kilometer langen Grenze zu Mexiko eine Mauer errichten, um die illegale Einwanderung zu stoppen.
  • Heimatschutzminister in spe John Kelly sagte dagegen, eine physische Barriere für sich werde die Aufgabe nicht erfüllen.

Muslime

  • Donald Trump versprach zwischenzeitlich im Wahlkampf ein vollständiges Einreiseverbot für Muslime.
  • Jeff Sessions sagte in seiner Anhörung, er glaube nicht, dass Muslimen als religöser Gruppe die Einreise in die USA verwehrt werden sollte und unterstütze diese Idee nicht.
  • John Kelly erklärte, es sei niemals angebracht sich auf etwas wie Religion als einzigen Faktor zu fokussieren.

Freihandelsabkommen TPP

  • Donald Trump hat angekündigt, das Abkommen mit den Pazifikstaaten zu stoppen. Stattdessen wolle er "faire bilaterale Verträge" mit einzelnen Staaten aushandeln, "die Arbeitsplätze und Industrie zurück nach Amerika bringen".
  • Rex Tillerson sagte: "Ich lehne TPP nicht ab." Er teile lediglich einige Ansichten Trumps "in Bezug darauf, ob die ausgehandelte Vereinbarung allen Interessen Amerikas am besten dient".

Dass Trumps Kabinettsanwärter dem künftigen Präsidenten bei ihren Anhörungen offen widersprechen, sei "außerordentlich ungewöhnlich", zitiert die "Washington Post" Elaine Kamarck von der Brookings Institution, einer Washingtoner Denkfabrik. Das erste, was ein Präsident und ein Übergangsteam machten, sei sicherzustellen, dass der Präsident und das Kabinett auf einer Linie seien.

Donald Trump sieht das offenbar anders. Zu den erstaunlichen Wendungen der Senatsanhörungen gehörten die Enthüllungen einiger Trump-Kandidaten, dass sie keine detaillierten Gespräche über kritische Themen aus ihrem Aufgabenbereich mit dem gewählten Präsidenten gehabt hätten, schreibt die "Washington Post". So berichtete Rex Tillerson dem Ausschuss für Auswärtige Beziehungen, er habe mit Trump über die breite Ausrichtung und die künftigen Prinzipien der Außenpolitik gesprochen - Russland sei dabei kein Thema gewesen.

Trump lobt Nominierte via Twitter

Wie Donald Trump und seine Minister ihre gegensätzlichen Positionen unter einen Hut bringen wollen und mit welcher Politik die US-Bürger und der Rest der Welt ab dem 20. Januar rechnen müssen, bleibt nach den Anhörungen in wichtigen Punkten rätselhaft. Den kommenden US-Präsidenten, der sonst immer auf Widerspruch reagiert wie Springkraut auf Kinderfinger, scheinen die Unstimmigkeiten nicht besonders zu stören. Immer noch ganz der erfolgreiche Unternehmer verkauft er sie einfach als Resultat seines generösen Führungsstils: Via Twitter erklärte Trump am Freitag: "Alle meine Kabinett-Kandidaten machen einen guten Eindruck und leisten großartige Arbeit. Ich möchte, dass sie sie selbst sind und ihre eigenen Gedanken ausdrücken, nicht meine! 

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