Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hat die Wiedereinführung der Pendlerpauschale als "ökologisch fatal und sozial ungerecht" bezeichnet. Der BUND kritisierte das Urteil der Karlsruher Verfassungsrichter, weil es wahrscheinlich die Wiedereinführung, wenn auch möglicherweise in geringerer Höhe als bisher, zur Folge haben werde. Das Gericht hatte die Abschaffung als grundgesetzwidrig gekippt. Die Richter hätten weder die ökologischen noch die finanziellen Auswirkungen einer solchen Entscheidung berücksichtigt, kritisierte die Umweltschutzorganisation.
Mit einer Wiedereinführung werde nicht nur der Flächenverbrauch angekurbelt; sozial ungerecht sei außerdem, "dass das Finanzamt Besserverdienern pro Entfernungskilometer rund das Dreifache" erstatte wie Geringverdienern. Alle Anstrengungen um eine neue Siedlungs- und Verkehrspolitik würden mit der Wiederkehr der alten Pendlerpauschale einen herben Rückschlag erleiden, sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger.
Ansonsten fielen die Reaktionen auf das Urteil der Karlsruher Richter aber durchweg positiv aus. Vor allem die CSU fühlt sich bestätigt: Der frühere CSU-Parteichef Erwin Huber sprach von einem "Sieg der Gerechtigkeit" und wertete die Entscheidung als schwere Niederlage für Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD). Die CSU war unter Hubers Führung mit der Forderung nach Rückkehr zur alten Pendlerpauschale in den Landtagswahlkampf gezogen, hatte sich in der Großen Koalition in Berlin damit aber nicht durchgesetzt und schließlich die absolute Mehrheit eingebüßt.
Auch Hubers Nachfolger
Horst Seehofer
wertete die Entscheidung der Karlsruher Richter als volle Bestätigung für die CSU. "Was jetzt das Gericht den Arbeitnehmern zugesprochen hat, muss den Arbeitnehmern auch in voller Höhe zukommen", forderte der CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident.
Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner
sagte: "Gerade in den ländlichen Räumen, wo viele Menschen auf das Pendeln zum Arbeitsplatz angewiesen sind, kommt es nun schnell zu notwendigen Entlastungen."
Bundeswirtschaftsminister Michael Glos
(CSU) lobte die Wiedereinführung der Pendlerpauschale als einen "ersten steuerlichen Konjunkturimpuls". Die Nettoentlastung von 7,5 Milliarden Euro für die Jahre 2007 bis 2009 komme für die Arbeitnehmer "in diesen schwierigen Zeiten gerade recht", erklärte Glos. Er begrüße deshalb die Ankündigung des Bundesfinanzministeriums, die Entlastung ungeschmälert wirken zu lassen und damit "einen ersten, steuerlichen Konjunkturimpuls zum 1. Januar 2009 zu verwirklichen".
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kündigte an, das Urteil zur Pendlerpauschale zu respektieren und umzusetzen. Sie unterstütze und halte es für absolut richtig, dass das Geld angesichts der Wirtschaftslage jetzt den Menschen "direkt" zurückgegeben werde, als ein "Impuls auch für mehr Konsummöglichkeiten", sagte die CDU-Vorsitzende. Die Menschen sollten "etwas davon haben - umgehende Zurückzahlung und dann auch Beibehaltung der alten Pendlerpauschale". Dies sei die richtige Antwort auf die jetzige schwierige Situation in der Wirtschaft, so Merkel.
Überrascht vom Tenor des Karlsruher Urteils zeigte sich hingegen
Unionsfraktionschef Volker Kauder
. Mit solch einem Urteil sei nicht zu rechnen gewesen, sagte er. Das Ergebnis des Urteils, wonach dem Staat 7,5 Milliarden Euro entgehen, wird nach den Worten des CDU-Politikers in das Paket Investitions- und Konjunkturprogramm aufgenommen "und dort wird es dann auch finanziert werden müssen".
SPD-Fraktionsvorsitzender Peter Struck sprach von einem "großen Erfolg für den Steuerzahler". Er begrüße die Bereitschaft der Bundesregierung, für 2007 bis 2009 einschließlich die Entfernungspauschale mit 30 Cent pro Kilometer "voll zu berücksichtigen". "Wir müssen sehen, welche Nachfolgeregelungen wir ab 2010 treffen können", sagte Struck. Dazu müsse das Urteil noch genauer analysiert werden.
Die
FDP
begrüßte das Urteil, das den Bürgern das notwendige mehr Netto vom Brutto gebe. "Wieder einmal zeigt sich, dass ein zu kompliziertes Steuerrecht den Anforderungen unserer Verfassung nicht gerecht werden kann", sagte
Otto Fricke
, der Vorsitzende des Haushaltsausschusses des Bundestages. Notwendig sei jetzt ein einfaches, niedriges und gerechtes Steuersystem, welches das Steuerchaos der Koalition beende und das Land fit mache für die kommende Schwächephase.
Gregor Gysi, Fraktionschef der Linkspartei im Bundestag
, warf der Großen Koalition Willkür bei der Abschaffung der Pendlerpauschale vor. Die Koalition habe "mit der willkürlichen Kürzung der Pendlerpauschale erneut das Grundgesetz verletzt, das heißt den Gleichbehandlungsgrundsatz ignoriert", erklärte Gysi. Es gebe mehrere verfassungskonforme Wege zur Regelung. Gysi setzte sich für eine Lösung ein, bei der eine steuerliche Absetzung einer Entfernungspauschale vom ersten Kilometer an ermöglicht werde. "Für diejenigen, die so wenig verdienen, dass sie eine Entfernungspauschale nicht von der Steuer absetzen können, ist eine entsprechende Auszahlung zu regeln", verlangte der Linksfraktionschef.
Der Vorsitzende der
Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Karl-Josef Laumann
, sprach von einem "guten Urteil für die Arbeitnehmer in Deutschland". Die CDA habe "die Verschlechterung der Pendlerpauschale immer abgelehnt", erklärte. "Die Fahrtkosten sind die Betriebskosten des Arbeitnehmers. Deswegen müssen sie auch von der Steuer abgesetzt werden können - ab dem 1. Kilometer."
Der Bund der Steuerzahler forderte eine schnelle Steuerrückerstattung. Bundesregierung und Parlament seien gewarnt gewesen und müssten nun "die Suppe auslöffeln, die sie sich selbst eingebrockt haben", sagte Steuerzahler-Präsident Karl-Heinz Däke. Jetzt bleibe ihnen nichts anderes übrig, als "die Karre aus dem Dreck zu ziehen".
Auch die deutschen Automobilclubs lobten das BvG-Urteil. Dadurch werde die steuerliche Belastung der Berufspendler verringert, erklärte der
ADAC
. "Die Pendler in Deutschland können aufatmen." ADAC-Vizepräsident Ulrich Klaus Becker erklärte: "Jetzt ist die Politik am Zuge. Das Gericht hat heute die Voraussetzungen geschaffen, dass endlich die Benachteiligungen der Berufspendler aufhören und langfristig Steuergerechtigkeit herrschen kann." In Anbetracht der gestiegenen Mobilitätskosten sprach sich der ADAC zudem für eine Erhöhung der Pendlerpauschale aus. Auch der
Auto Club Europa (ACE)
zeigte sich erfreut. "Das Karlsruher Urteil korrigiert nicht nur eine höchst zweifelhafte Steuergesetzgebung, sie verschafft den Berufspendlern auch eine gewisse Entlastung", erklärte ACE-Chef Wolfgang Rose. "Jetzt kommt es darauf an, dass die Entscheidung des obersten Gerichts in ihrem materiellen Gehalt nicht politisch unterlaufen wird. Damit würde das allgemeine Rechtsempfinden schwer gestört."
Die Kommunen halten die Entlastung der Pendler durch eine Pauschale für gerechtfertigt. Der
Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB)
begrüßte deshalb das Karlsruher Urteil. "Fahrten zur Arbeit sind rein berufliche Fahrten und sollten deshalb steuerlich abgesetzt werden können", erklärte Präsident Gerd Landsberg.