Die FDP stellt sich im Angesicht der Sexismus-Vorwürfe gegen Rainer Brüderle demonstrativ hinter ihren Spitzenkandidaten. Generalsekretär Patrick Döring sagte in Berlin: "Ich halte das alles für sehr aufgebauscht und an den Haaren herbeigezogen. Deshalb stehen wir hinter ihm, denn wir wissen, dass er ein charmanter und ein fähiger Kopf ist."
Der 67-jährige Fraktionschef Brüderle schweigt derweil weiter zu den Anschuldigungen, er habe die stern-Journalistin Laura Himmelreich mit angeblich anzüglichen Bemerkungen bedrängt. Brüderle führt als Spitzenkandidat gemeinsam mit FDP-Chef Philipp Rösler die Liberalen in die Bundestagswahl im September.
Suding hält Entschuldigung für unnötig
Auch eine prominente Frau aus der Partei stützt Brüderle: Die Hamburger FDP-Spitzenpolitikerin Katja Suding hält eine öffentliche Entschuldigung für unnötig. "Ansonsten kann das nur Frau Himmelreich selbst sagen, ob sie eine Entschuldigung für angemessen hält", sagte Suding der "Welt".
Politik sei nicht sexistischer als andere Branchen. "Überall, wo Menschen aufeinandertreffen, wird nun einmal auch geflirtet. Und das darf auch so sein." Sie halte Brüderle als Spitzenkandidaten durch die aktuelle Debatte nicht für beschädigt, sagte Suding dem "Hamburger Abendblatt".
Die Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt widersprach in einem Gespräch mit der Zeitschrift "Brigitte" indirekt den Ansichten Sudings: "Es wäre gut, wenn Brüderle sich entschuldigt hätte." Es handele sich um ein vollkommen inakzeptables Verhalten des Politikers, sagte Göring-Eckardt zum Auftakt der neuen Gesprächsreihe "Brigitte Live" in Berlin.
"Über Befindlichkeiten genügend ausgetauscht"
FDP-Generalsekretär Döring forderte ein Ende der Debatte über Brüderle: "Die Republik hat sich über die Befindlichkeiten Einzelner genügend ausgetauscht." Längst wird im Internet und den Medien aber nicht mehr nur über Brüderle, sondern über Sexismus in der ganzen Gesellschaft diskutiert.
Der Generalsekretär wies Darstellungen zurück, die FDP insgesamt habe ein Problem mit Frauenfeindlichkeit. "Ich kenne keine Beschwerde, dass es zu sexistischen Ausfällen innerhalb von FDP-Gliederungen oder gar in Führungsspitzen gekommen wäre", sagte Döring. Richtig sei, dass die FDP zu wenig weibliche Mitglieder habe. Daran arbeite die Parteispitze.

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Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) sagte, die aktuelle Veröffentlichung des stern-Artikels kurz nach Brüderles Ausrufung zum FDP-Spitzenkandidaten sei doch kein Zufall gewesen: "Das ist weit mehr als schlechter Journalismus."