
Eine Lehre für Putin
Bei eisiger Kälte nahmen Tausende Menschen am 29. Oktober 2000 in Seweromorsk, dem Hauptquartier der Nordmeerflotte, an einer Trauerfeier für die Opfer der U-Boot-Katastrophe teil. Für Putin bedeutet die Tragödie einen enormen Popularitätseinbruch. Die Medien überschlagen sich mit Kritik. Putin, der ein Produkt der Medien ist, muss erfahren, dass die vierte Gewalt im Staat ihn nicht nur in den Präsidentensessel befördern, sondern ihn auch zerstören kann. Zehn Tage lang sind sein Versagen, seine Lügen und seine Inkompetenz Thema Nummer eins. Um den Schaden zu begrenzen, rauscht Putin zu einem Gespräch mit den Witwen der toten Seeleute heran. Aber anstatt Verantwortung zu übernehmen, sucht er nach den Schuldigen – bei den Medien.
Die Lehre, die Putin aus diesen Tagen zieht, wird weitreichende Konsequenzen haben. Er wird die Medien dazu zwingen, für ihn zu arbeiten. Und das sehr schnell. Als eine der Witwen bei seiner Visite aufspringt und in Hysterie schreit, wird sie im TV stummgeschaltet. Die Fernsehkameras fangen jedoch ein, wie der Frau eine Spritze in die Schulter gerammt wird – offenbar um sie zu betäuben.
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