Armin Laschet und Markus Söder machen's spannend. Beide wollen für die Union ins Rennen ums Kanzleramt gehen – und keiner denkt ans Aufgeben. In den Kommentarspalten deutscher Zeitungen wird der offene Machtkampf kritisch begleitet. Die Presseschau:
"Süddeutsche Zeitung" (München): "Söder will die Sache jetzt noch weitertreiben. Er stellt gegen ein einhelliges, aber wenig begeistertes Votum der CDU für Laschet ein deutlich enthusiastischeres Votum der CSU für ihn. Er fordert Verhandlungsgruppen hier, ein Reinhören in die Parteien da, neue Formen der Demokratie dort. Und er macht seinen Vorteil aus den Umfragen noch vehementer geltend. Aber das Risiko, dem er die Union damit aussetzt, ist gewaltig. Schlecht gelaufen ist es ja für ihn bislang trotzdem nicht: den Marktwert gesteigert, für kanzlertauglich erachtet, die CSU betonfest hinter sich. Als Unterlegener im Kandidatenduell stünde er politisch jetzt sogar deutlich besser da als der Sieger. Deswegen könnte er sich im Wahlkampf auch schräg hinter Laschet einordnen – sichtbar, dem Kandidaten stets im Nacken, so loyal wie nötig, so selbstbewusst wie möglich."
"Frankfurter Allgemeine Zeitung": "Die CDU hat, auch wenn das noch nicht jeder Hinterbänkler begriff, keine andere Wahl, als sich hinter Laschet zu sammeln. Wie sollte dieser die CDU in die Zukunft nach Merkel führen, wenn man ihm nicht zutraute, der Union zu einem Sieg in der Bundestagswahl zu verhelfen? Dann könnte, dann müsste er auch als Parteichef abdanken. Das aber wäre nach der Vorgeschichte ein Desaster für die CDU, an dem sie über den Herbst hinaus litte. Die Kandidatur Söders und selbst seine Wahl zum Kanzler würden keine der offenen Fragen der CDU beantworten, sondern deren Probleme verschärfen. Schon das taktische Hinauszögern der Entscheidung um weitere Wochen wäre vor allem für die CDU schädlich. Dem setzte das Parteischwergewicht Bouffier mit seinem in erster Linie an Söder gerichteten Ultimatum ein Ende."
"Frankfurter Rundschau": "'Es geht um die Fähigkeit, zu führen.' Mit diesen Worten kündigte Generalsekretär Paul Ziemiak an, warum sich jetzt die Gremien der CDU hinter die Kanzlerkandidatur von Armin Laschet stellen. Führung? Eben diese Fähigkeit darf als Schlüsselqualifikation Laschets ernsthaft bezweifelt werden. (…) Vakuum – das ist der Lebensraum von Armin Laschet. Wenn es nicht um Kontur und Kante geht, sondern um nette Worte, knuddelige Versöhnung, ist er in seinem Element. (…) Nahezu panisch mutet es an, dass erst Volker Bouffier ein Machtwort sprechen musste. Es ist nett, wenn Hessens Ministerpräsident seinen CDU-Freund Laschet nun als 'außergewöhnlich geeignet' vorstellt. Die Wahrheit ist, dass es wieder einmal nicht wer anderes werden sollte."
"Stuttgarter Nachrichten": "Der CSU-Vorsitzende will mit aller Macht Kanzlerkandidat der Union werden. Seine Botschaft an CDU-Chef Laschet lautet: Dich unterstützen allenfalls die Funktionäre, die Basis unserer Parteien bevorzugt mich. Zwischen Söder und Laschet ist damit ein Machtkampf um die Kanzlerkandidatur entbrannt, der die Union bis in ihre Grundfesten erschüttern kann. Dennoch soll dieser Konflikt innerhalb von wenigen Tagen ausgeräumt werden – ohne Groll, wie Söder sagt. Es ist schwer vorstellbar, dass dies gelingt."
"Reutlinger General-Anzeiger": "Zum Standardrepertoire der beiden zählt auch der Satz, dass die Frage der Kanzlerkandidatur einvernehmlich gelöst werden sollte. Das Gegenteil ist der Fall. Die Kanzlerkandidatur der Union ist außer Kontrolle geraten. Von einer gemeinsamen und einvernehmlichen Lösung kann keine Rede mehr sein. Die K-Frage wird immer mehr zu einem offenen Machtkampf, der mithilfe von Parteigremien und Protokollfragen ausgetragen wird."

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"Münchner Merkur": "Nur zwei Wege führen für Markus Söder ins Kanzleramt. Beide erfordern einen Putsch der CDU gegen ihren Chef Armin Laschet. Die erste Gelegenheit zu einer Revolte von oben hat die Partei verstreichen lassen: Im Präsidium stellten sich die Granden erstaunlich einmütig hinter Laschet. Dem Münchner Regenten bleibt jetzt noch die Hoffnung auf eine Rebellion von unten, von der CDU-Basis. Dass Söder am Montag kurz mit der Möglichkeit einer Mitgliederbefragung zündelte, das Feuer aber auch gleich wieder löschte, zeigt, dass er den Druck vor seinem heutigen Besuch in der Bundestagsfraktion mit aller Macht aufrecht zu erhalten versucht. Die Fraktion bleibt Laschets Risiko. Und Söders letzte Chance."
"Neue Osnabrücker Zeitung": "Natürlich wäre auch mit Söder der Wahlsieg kein Selbstläufer. Aber mit Laschet in den Wahlkampf ziehen zu wollen grenzt schon fast an vorsätzliche Aufgabe des Kanzleramts. Die Entscheidung der CDU-Gremien für Laschet folgt der Logik einer Parteitaktik. Die Furcht, den Vorsitzenden zu beschädigen, indem sie sich für Söder aussprechen, war größer als die Furcht vor einer Niederlage. Laschet hat diese Situation selbst herbeigeführt, indem er nicht längst für Klarheit gesorgt hat. Er hat stets betont, dass derjenige für die Union in den Wahlkampf ziehen soll, der die besten Chancen hat. Er hätte Söder selbst vorschlagen können – und Parteichef der CDU bleiben können. Oder er hätte Söder dazu bringen müssen zu verzichten. Beides hat er nicht getan – und damit Führungsschwäche gezeigt."
"Volksstimme" (Magdeburg): "Markus Söder hat nach langem taktischem Geplänkel wie erwartet den Sprint eröffnet. Aber Armin Laschet mobilisiert blitzartig alle Kraft, die ihm in der größeren Partei zur Verfügung steht. Das hat ihn erst einmal in Führung gebracht. Markus Söder ist ein Scheinriese. Die meisten Freunde in der CDU hat er weit weg von der Spitze. Je genauer man seine Politik analysiert, umso unglaubwürdiger werden seine Wendungen. Zuletzt sein Bekenntnis zu Angela Merkel, in dem er sich zur eigenen Prinzipienlosigkeit bekennt: 'Wer die Stimmen von Angela Merkel möchte, der muss auch eine Politik machen, so wie sie sie gemacht hat.' Armin Laschet ist immer gleich groß – einige würden sagen: klein. Beim Näherkommen gewinnt er aber. Sein politischer Kurs ist schnurgerade: Von der 'Pizza Connection' 1995 bis zu einer schwarz-grünen Regierung 2021. Das wäre eine grandiose, auch persönliche Kontinuität. Und die CDU liebt Kontinuität."
"Frankenpost" (Hof): "Die CDU-Spitze handelte einzig und allein aus politischem Kalkül. Armin Laschet ist durch die Ereignisse der vergangenen Monate ramponiert genug. Wäre eine rasche Entscheidung gegen ihn gefallen, wäre er als CDU-Chef und Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen völlig derangiert zurückgeblieben. Innerhalb kürzester Zeit wäre er erledigt gewesen."
"Ludwigsburger Kreiszeitung": "Die Zustimmung zu seiner Kandidatur verdankt Armin Laschet nicht seinem politischen Charisma. Auch nicht seinem Kurs in der Coronakrise. In der CDU-Führung haben sie durchaus auch jetzt noch Zweifel, ob mit Laschet das Kanzleramt zu verteidigen ist. Nur: Die Alternative wäre gewesen, nach Annegret Kramp-Karrenbauer in kürzester Zeit den zweiten Vorsitzenden zu demontieren. Und das mitten in der Pandemie. Zur Selbstzerstörung neigen die Unionsgranden gewiss nicht. Auch nicht dazu, sich die Direktiven künftig aus München von der kleinen Schwesterpartei abzuholen."