Google Street View ist bei seinem Start in Deutschland auf größeres Interesse gestoßen als irgendwo sonst in der Welt. Das teilte Google am Freitag mit. In keinem anderen Land habe es am ersten Tag so viele Abrufe für den Straßenbilderdienst gegeben. Am Donnerstag, dem ersten Tag des neuen Angebots, seien dadurch weltweit mehr als doppelt so viele Street-View-Bilder wie an normalen Tagen aufgerufen worden. Allerdings hatte es auch in keinem anderen Land so erbitterte Diskussionen über das neue Google-Angebot gegeben. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar hat Google derweil dazu aufgefordert, die Anonymisierung von Menschen in dem neuen Angebot zu verbessern. Beim Klicken durch die Straßen von Berlin habe er festgestellt, dass die Gesichter von Passanten oftmals nicht ausreichend unkenntlich gemacht worden seien, sagte Schaar den Dortmunder "Ruhr Nachrichten". Viele seien so verpixelt, dass sie für Freunde, Kollegen und Verwandte auf den ersten Blick erkennbar blieben.
Zentralregister gefordert
Für Street View und vergleichbare Dienste müsse zudem ein zentrales Widerspruchsregister eingerichtet werden, damit sich Betroffene nicht bei jedem einzelnen Dienst melden müssten, sagte Schaar. "Die Anbieter müssten dann bei einer zentralen Stelle nachfragen, ob für eine bestimmte Adresse ein Widerspruch vorliegt."
Google hatte am Donnerstag seinen seit Monaten umstrittenen Dienst für die 20 größten deutschen Städte freigeschaltet. Ab sofort können Nutzer damit aus der Fußgängerperspektive die Panoramaansichten von Straßenzügen, Plätzen und Sehenswürdigkeiten über das Netz betrachten.
Verpixelung rückgängig gemacht
Was Schaar gar nicht gefallen wird: Wenige Stunden nach dem Start von Street View hatten findige Nutzer bereits einen Trick gefunden, um verpixelte Hausfassaden wieder sichtbar zu machen. So hat ein Nutzer ein Haus in der Schlesischen Straße in Berlin fotografiert und in den bereits seit längerem verfügbaren Bilderdienst Panoramio eingestellt. Dieser ist in Google Maps und damit auch Google Street View eingebunden. Führt der Nutzer in der Street View-Ansicht seinen Mauszeiger über das kleine, in der verpixelten Fläche platzierte Panoramio-Symbol, komplettiert sich die Straßenansicht wieder passgenau. Wie ein Google-Sprecher mitteilte, dürften das aber Einzelfälle bleiben.
"In den nächsten Stunden wird so etwas nicht mehr möglich sein", erklärte ein Google-Sprecher. Die passgenaue Einfügung von Bildern auf eine gepixelte Street-View-Ansicht werde nicht mehr klappen. Stattdessen würden die Icons für die Fotos in der Bilderleiste angezeigt werden. Im Fall der Schlesischen Straße hatte der Fotograf noch "Glück": Der Abgleich seines Fotos mit dem in Google Street View erfolgte vor der Verwischung des Rohmaterials. "Wir werden solche Bilder aber nicht entfernen, das wäre natürlich Zensur", sagte der Sprecher.
Deutsche Städte in Street View
Berlin, Bielefeld, Bochum, Bonn, Bremen, Dortmund, Dresden, Duisburg, Düsseldorf, Essen, Frankfurt am Main, Hamburg, Hannover, Köln, Leipzig, Mannheim, München, Nürnberg, Stuttgart und Wuppertal
Google hatte zugesichert, alle Häuser unkenntlich zu machen, für die ein Widerspruch gegen die Veröffentlichung eingelegt worden ist. Auch nach dem Start von Street View könnten Nutzer noch eine Unkenntlichmachung verlangen, verspricht Google. Wie der Internet- Konzern betonte, könnten einmal verpixelte Ansichten allerdings nachträglich nicht mehr freigeschaltet werden, da die Rohdaten gelöscht werden.
Drei Prozent unkenntlich gemacht
Bürger konnten vor der Veröffentlichung der Bilder beantragen, ihr Wohnhaus unkenntlich zu machen. Wenn auch nur ein Mieter eines Mehrfamilienhauses dies verlangt, wird das ganze Gebäude unscharf dargestellt. Allein in den 20 jetzt bei Street View verfügbaren Städten machten 244 000 Haushalte von diesem Recht Gebrauch. Daher stoßen Nutzer bei virtuellen Spaziergängen häufig auf verschwommen dargestellte Gebäude. Wenn das löschende Haus nicht eindeutig zu identifizieren war, ist der ganze Straßenzug geschwärzt.
Google betonte, lediglich knapp drei Prozent der betroffenen Haushalte hätten Widerspruch eingelegt - relativ wenig nach der großen Aufregung und Umfragen, in denen zum Teil die Hälfte der Bürger sich gegen den Dienst ausgesprochen hatte. Datenschützer rechnen aus diesem Anteil hoch, dass in ganz Deutschland eine Million Haushalte die Verpixelung ihrer Wohnhäuser beantragen dürften. Widersprüche sind auch nach dem Start des Dienstes möglich.
Ein immenser Aufwand für Google: Allein um die Anfragen aus den 20 ersten Städten abzuarbeiten, heuerte Google nach eigenen Angaben 200 zusätzliche Mitarbeiter an. Für jedes Haus müssen mehrere Fotos am Computer bearbeitet werden. Die Panoramen bestehen aus mehreren Millionen zusammengefügter Bilder.
Der zuständige Hamburgische Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar forderte Google auf, die Fehler rasch zu beheben. "Gemessen an der Zahl von fast einer Viertelmillion Anträgen scheint es bisher aber eine eher überschaubare Menge zu sein."