Beim Sommerfest der höheren Kommandobehörden der Luftwaffe in Köln-Wahn spielte "De Cölln Band" zum Tanz, die Militärs gönnten sich "Kulinarisches aus fünf Kontinenten" (luftwaffe.de). Am Ende gab es Feuerwerk und Präsente für die Damen. Dank EADS, Thales, MTU, Diehl und vier weiteren Firmen. Sie hatten das Fest im Juni 2006 mit insgesamt 7830 Euro Zuschuss ermöglicht.
Interne Listen des Verteidigungsministeriums zeigen: Der Rüstungs- und Technologiekonzern EADS sponsert regelmäßig Empfänge, Bälle und Essen für Beamte, Bundeswehr und ihre Gäste. Seit 2003 gab es insgesamt 20 solcher Festivitäten, die von EADS oder Tochterfirmen wie Airbus und Eurocopter bezuschusst wurden.
Auf EADS ist Verlass
Mal zahlt EADS 9500 Euro für "Musik", "Feuerwerk" und "Bewirtung", mal die Tochter Airbus 15.000 Euro für eine Feier zu "50 Jahren Luftwaffe". Der Konzern unterstützte auch den "Ball des Sanitätsdienstes" - und das Oktoberfest des Heeresverbindungsstabes USA in Fort Rucker (Alabama). Insgesamt subventionierten EADS und ihre Töchter das Wehrressort seit 2003 mit Geld und Sachleistungen im Wert von um die 87.000 Euro. Ein Betrag, der "völlig im Rahmen" bleibe, findet ein EADS-Sprecher. Stets habe man nur gefördert, "nachdem jemand auf uns zugekommen ist". Auf EADS können sich die Militärs verlassen.
Aber EADS kann sich auch auf das Verteidigungsministerium verlassen. Fast 300 Aufträge pro Jahr gibt die Behörde an den Wehrkonzern. Etwa für den Eurofighter (Gesamtpreis für 180 Jets: rund 21 Milliarden Euro) oder das Raketenabwehrsystem Meads (3,7 Milliarden Euro). Beide Projekte waren umstritten, weil auf Kalte-Kriegs-Zeiten ausgerichtet. Trotzdem haben die Verteidigungsministerialien sie gegen heftige Widerstände im Bundestag durchgesetzt. "Die Verlässlichkeit des Verteidigungsministeriums", schwärmte der EADS-Manager Thomas Enders im Frühjahr 2005, "ist seit den 80er Jahren nicht mehr so groß gewesen wie heute."
Die Gönner helfen
Auch andere Ministerien haben Gönner in der Wirtschaft. 1998 verbuchten die Bundesbehörden einen eingeworbenen Wert von 17,5 Millionen Euro, 1999 waren es 23 Millionen Euro und zuletzt von August 2003 bis Ende 2004 mehr als 55 Millionen Euro. Alles für höchst unterschiedliche Zwecke: von Festen und Reisen bis zur staatlichen Anti-Aids-Kampagne. Unter den Gebern sind die großen Namen der deutschen und globalen Wirtschaft: Siemens, BMW, Daimler-Chrysler, VW, Eon, Krauss-Maffei, Rheinmetall, Thyssen-Krupp, aber auch Shell, Glaxo Smith Kline und General Electric.
Sponsoren und Ministeriale bewegen sich auf gefährlichem Terrain. Denn es gilt der Grundsatz: Regierungsstellen werden mit Steuergeldern finanziert, und sie sind der Neutralität verpflichtet. Bundesbeamte dürfen nur dann ohne Weiteres Geschenke annehmen, wenn deren Wert unter 25 Euro liegt. Der Bundesrechnungshof verfolgt das Regierungs-Sponsoring seit Jahren "mit Sorge". Bereits 2002 empfahlen die Rechnungsprüfer, "möglichst grundsätzlich" auf die Gaben der Wirtschaft zu "verzichten". Bereits der "Anschein finanzieller Abhängigkeit" könne "das Vertrauen der Bürger in die Verwaltung erschüttern". Und die Prüfer warnten: Sponsoring könne "in den Bereich der Bestechung und Bestechlichkeit" führen.
"Ungezwungene Atmosphäre" mit Beamten
Im Innenministerium sieht man die Dinge deutlich laxer: Sponsoring sei die "Einbeziehung der Gesellschaft" in das Verwaltungshandeln. Konkret sieht das dann so aus: Der US-Telekomriese Verizon zahlte 4000 Euro für einen vom Innenministerium organisierten "Abend des Bundes" bei der Cebit 2006. Laut Aktenvermerk mit folgendem Zweck: um "mit Behördenvertretern und geladenen Gästen den ersten Cebit-Tag in ungezwungener Atmosphäre ausklingen zu lassen". Verizon ist zugleich Auftragnehmer beim Innenressort. 2003 und 2004 erhielt die Firma netto insgesamt 644.289 Euro aus einem Rahmenvertrag für das Bundesverwaltungsnetz. Ein Jahr zuvor war eine Tochter der französischen Capgemini als Sponsor für die Cebit-Party des Ministeriums eingesprungen, die Firma SD & M AG. Sie zahlte 4000 Euro für eine Band, "da es sonst keine Musik gegeben hätte" (SD & M). Die Firma betreut auch die Website www.bund.de und bekam dafür 2004 und 2005 insgesamt mehr als eine Million Euro. "Dankeschönsponsoring" sei nicht das Ziel gewesen, sagt ein SD & M-Sprecher.
Laut Sponsoring-Vorschrift müssen die Ministerien "schon jeden Anschein fremder Einflussnahme vermeiden". Doch in Wahrheit, so der Sozialwissenschaftler Andres Friedrichsmeier (Uni Bochum), liege die "Attraktivität eines wichtigen Teils von Verwaltungssponsoring in der Nutzbarmachung von Beziehungsgeflechten". Einige Beispiele dazu aus der Praxis: Um die "Pflege von Geschäftskontakten" ging es laut Regierungsakten der Deutschen Telekom, als sie im November 2004 einem Beamten des Verkehrsministeriums mit 3942,84 Euro eine dreitägige Reise nach Washington mitfinanzierte, zur Teilnahme an einem Kongress.
Man nimmt auch von Bewerbern
Mit 10357 Euro unterstützte der Stromversorger Vattenfall den Tag der offenen Tür 2005 im Bauministerium. Unter dem damaligen Minister Manfred Stolpe wurde das Sponsoring genehmigt, obwohl aktenkundig war, dass Vattenfall gerade potenzieller Bewerber für ein 40-Millionen-Geschäft war. "Als einer von wahrscheinlich nur fünf leistungsfähigen Anbietern" kam der Konzern "für den Bau und den Betrieb der Energiezentrale" für das neue Hauptquartier des Bundesnachrichtendienstes (BND) in Berlin infrage. Laut Vermerk hatte sich Vattenfall "aus eigener Initiative" als Sponsor angeboten - wegen des firmeninternen Engagements für den Aufbau Ost, teilte das Unternehmen mit. Den BND-Auftrag bekam Vattenfall nach eigenen Angaben nicht.
Auch viele deutsche Botschaften profitieren von privaten Zuschussgebern. Egal, ob in Port-au-Prince, Helsinki oder Tel Aviv - das Bier für den Empfang am Tag der Deutschen Einheit kommt gern vom Sponsor. Das Generalkonsulat in Atlanta akquirierte 139.911 Euro, um sein 100-jähriges Bestehen zu feiern. Die Botschaft in Washington ergatterte gar einen Dienstwagen im Wert von 158.000 Euro für lau.
Sponsoring ohne Aufsicht
Laut Vorschrift soll das Sponsoring "restriktiv" gehandhabt werden. Aber im Außenministerium weiß niemand, von wem sich die Diplomaten sponsern lassen. Der Rechnungshof findet so etwas fragwürdig, weil keine "Fachaufsicht" möglich sei.
Eigentlich müssen alle Sponsoring-Fälle vorab im jeweiligen Ministerium genehmigt werden. Aber auch diese Vorschrift wird manchmal umgangen. Beim Innenministerium reichten Beamte der Bundeszentrale für politische Bildung ihre Anträge mehrfach erst nachträglich ein - und bekamen ihren Stempel trotzdem.
Die Bürger sollten bisher keine Details über die Spendenpraxis erfahren. Seit fast fünf Jahren drängt der Rechnungshof darauf, zumindest die Namen der Regierungssponsoren zu publizieren. Auf Druck der Prüfer erließ Kanzler Schröder im Jahr 2003 eine Vorschrift, die die Offenlegung des Sponsorings "gegenüber der Öffentlichkeit" verlangte. Auch die Sponsoren seien "transparent zu machen".
Zahlen ja, Namen nein
Doch der Ende 2005 erstmals veröffentlichte Sponsoring-Bericht nannte zwar viele Zahlen und Fakten - aber nicht die Namen der Geber. Bereits im November 2003 hatten die Ministerien so entschieden, zwecks "Vermeidung unnötiger Bürokratie". Die Namen stünden ja zugleich in den internen Aktenvermerken, argumentierten die Beamten. Die Kriterien der "höchstmöglichen Transparenz" seien so bereits erfüllt.
Wegen der fehlenden Firmennamen sei der Regierungsreport "in seiner Aussagekraft" schlicht "eingeschränkt", rügte jetzt der Bundesrechnungshof in einem vertraulichen Prüfbericht vom 19. Dezember 2006. Es gebe eine "wesentliche Differenz" zwischen Rechnungshof und Regierung, heißt es in dem Schreiben, das diesen Freitag der Rechnungsprüfungsausschuss des Bundestages diskutieren soll. Die Grünen-Abgeordnete Anja Hajduk will den Rechnungshof unterstützen: "Zur Transparenz gehört die Nennung der Sponsoren."
Sogar laut Mustervereinbarung des Innenministeriums müssen sich Sponsoren ausdrücklich "einverstanden" erklären, dass ihre Namen im Sponsoring-Bericht der Regierung aufgeführt werden. Das Ministerium ließ sie diesen Passus regelmäßig ordnungsgemäß unterschreiben - aber hielt die Namen dann trotzdem zurück. Andere Ministerien verwenden nicht einmal die Mustervereinbarung. Als der stern im Gesundheitsressort von Ministerin Ulla Schmidt die Namenslisten anforderte, wehrten ihre Hausjuristen ab: Erst müssten die Spender "um Einwilligung in die Veröffentlichung" ihrer "Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse" gebeten werden.
Rechnungshof findet's "bedenklich"
Das Schmidt-Ministerium ist beim Einsammeln von Geld und Sachleistungen so erfolgreich wie kein anderes Haus: Von Mitte 2003 bis Ende 2004 waren es knapp 44,6 Millionen Euro. Laut Regierung ging es vorwiegend um eine Anti-Aids-Kampagne, für die zum Beispiel TV-Anstalten Sendezeit spendierten. Ulla Schmidts Beamte ließen sich im November 2003 aber auch 2447 Euro von einem ungenannten Dritten für ein internes Fest in Bonn finanzieren - anlässlich des Abschlusses eines "umfangreichen Gesetzgebungsverfahrens".
Der Rechnungshof findet die Bezuschussung einer rein internen Beamtenparty "bedenklich". Kein Wunder: Welche Werbewirkung will ein Sponsor wohl erreichen, wenn außer den Beamten selbst keine potenziellen Kunden von seiner Großzügigkeit erfahren?