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Flüchtlingsdrama Das Meer und die Moral

Allein seit Jahresbeginn sind mehr als tausend Flüchtlinge im Mittelmeer ertrunken. Die Politiker der EU finden keine Antwort auf das Drama. Auch weil sie Angst haben. Vor uns, den Wählern.
Von Tilman Gerwien

Die Abgeordneten spielten mit ihren Handys und vorn, auf den Plätzen fürs Kabinett, holten die Regierenden ihre Aktenstapel raus. Das Wichtigste war ja vorbei. Der Innenminister hatte seine Rede gehalten, der Außenminister auch.

Da ging ein schmaler Mann mit dunkler Brille ans Rednerpult im Reichstag. In seinem Anzug bewegte er sich etwas ungelenk, wie ein Konfirmand. Er hatte nur vier Minuten Redezeit.

Der Mann in dem Konfirmandenanzug sagte: "Wir schützen unsere Grenzen besser als die Menschen. Das ist nicht mein Europa. Mein Europa bedeutet: Leben. Verantwortung heißt, dass man tut, was man kann. Was das Mittelmeer angeht, kann ich nicht sehen, dass wir alles getan hätten, was wir hätten tun können, obwohl uns der Papst dazu aufgefordert hat, obwohl uns das Europäische Parlament dazu aufgefordert hat, obwohl es eigentlich überhaupt keiner Aufforderung bedarf außer der des Herzens und des Rechts, einfach das zu tun, was die Not verlangt. Die Toten im Mittelmeer sind auch meine Toten. Ich fühle mich mitverantwortlich, und ich verneige mich vor ihnen."

Für ein paar Momente wurde es ganz still im hohen Haus. Claudia Roth, die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, blätterte diskret im Verzeichnis der Abgeordneten. Wer ist das? Wer findet solche Worte?

Lars Castellucci heißt der Mann. Studierter Politologe, Innenpolitiker, SPD-Abgeordneter aus Wiesloch bei Heidelberg, 41 Jahre alt. Ein Hinterbänkler, der es in keine "Tagesschau" schafft, fand in der vergangenen Woche im deutschen Parlament die richtigen Worte für das Drama, das sich seit Wochen vor unser aller Augen abspielt.

"Das Meer und die Moral"

... ist die Langversion des gleichnamigen Reports im aktuellen stern - jetzt als emag oder am Kiosk erhältlich.

Auf dem Weg

Menschen, die zu Dutzenden um ihr Leben kämpfen, wie hingeworfen in das große, blaue Meer, an dessen Stränden wir so gerne Urlaub machen. Menschen, die, obwohl schon gerettet, an Bord eines Frachtschiffes doch noch erfrieren, bevor der nächstgelegene Hafen erreicht wird. Kleine Kinder, die tot aus dem Wasser gezogen werden, die Mütze, die sie gegen die Kälte auf der Überfahrt nach Europa schützen sollte, noch auf dem Kopf.

Wir könnten diese Menschen retten, vielleicht nicht alle, aber doch die meisten. Aber wir retten sie nicht. Dass sie sterben müssen, ist auch unsere Schuld.

Unsere große, große Schuld.

Mindestens 1750 Flüchtlinge sind in diesem Jahr schon im Mittelmeer ertrunken, 3500 waren es 2014. Mehr als 218000 Menschen wagten im vergangenen Jahr die riskante Überfahrt auf den Booten dubioser Schlepper-Clans. Für dieses Jahr rechnet die EU-Grenzschutzagentur Frontex mit 500.000 bis zu einer Million, die sich auf den Weg machen werden.

Interaktive Karte: Die Toten im Mittelmeer


Klicken Sie auf die roten Blasen für weitere Details. Diese eingebundene Karte wurde im Rahmen des internationalen Projekts "The Migrants Files" erstellt und ist daher auf Englisch.

Humanität und Kalkül

Sie kommen aus Mali, Eritrea, Sierra Leone, aus dem Senegal und von der Elfenbeinküste, aus Syrien und Tunesien. Eigentlich müssten wir sie retten. Aber wenn wir sie retten: Wollen wir dann auch mit ihnen zusammenleben? Und kommen dann nicht noch viel, viel mehr?

Laut einer aktuellen Forsa-Umfrage im Auftrag des stern sind 71 Prozent der Deutschen dafür, regelmäßige Fährverbindungen einzurichten, um die Flüchtlinge sicher übers Meer zu bringen. Das wäre eine Art Shuttle-Service für die Migration nach Europa – ein Albtraum für alle Innenminister.

Gleichzeitig ist aber die Hälfte der Bundesbürger dagegen, dass unser Land mehr Flüchtlinge aufnimmt als bisher. Die Deutschen – und mit ihnen ihre Politiker – sind hin- und hergerissen: zwischen moralischem Pflichtgefühl und Angst vor dem Fremden, Angst auch um den eigenen Wohlstand. Zwischen Humanität und Kalkül.

Keine Lichterketten

Europaweit dürfte es kaum anders sein. Wohl deshalb gelingen jetzt angesichts des Dramas im Mittelmeer keine wirklich großen Gesten der Trauer und Solidarität. Nach dem Terroranschlag auf "Charlie Hebdo" marschierten Hunderttausende durch die Straßen von Paris, und als die "Germanwings"-Maschine am Berg zerschellt war, eilten die Politiker quasi im Stundentakt zur Absturzstelle.

Und jetzt? Keine Trauermärsche, keine Lichterketten. Nur eine kleine Mahnwache von "Amnesty International" gab es neulich vor dem Kanzleramt. Rund 50 Aktivisten waren gekommen, sie hatten sich symbolisch in goldene Wärmefolien gehüllt. Die Folien glitzerten in der warmen Berliner Frühlingssonne, es sah fast ein wenig idyllisch aus. Auf der Wiese nebenan saßen Touristen und Liebespaare. Manche aßen ein Eis.

Man kann nicht gerade sagen, dass Europa in Trauer erstarrt ist. Mit Trauermärschen und Lichterketten würde Europa die Tragödie im Mittelmeer zu seiner eigenen machen. Davor schrecken alle zurück.

Kein Mare nostrum

Nur eine Schweigeminute widmeten die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union den Opfern, als sie sich in Brüssel zum Flüchtlings-Sondergipfel trafen. Dann ließen sie sich in ihre Sessel fallen und begannen das große Gefeilsche und Geschacher, als ginge es um Milchquoten oder Griechenland-Milliarden.

Die Ergebnisse waren erbärmlich. Die Mittel für die EU-Mission "Triton" werden "verdreifacht", hieß es großspurig – von lächerlichen drei auf nicht weniger lächerliche neun Millionen Euro pro Monat. "Triton" ist in ein Programm zur Sicherung der EU-Außengrenzen. Schiffbrüchige werden zwar auch gerettet. Aber das ist nicht das eigentliche Ziel. Deshalb kreuzen die "Triton"-Schiffe nur unmittelbar vor den Küsten der EU, nicht jedoch vor denen von Nordafrika.

Genau das wäre aber nötig, um das Massensterben zu stoppen. Die unter italienischer Führung laufende Vorgänger-Mission "Mare Nostrum" hatte es bis Oktober 2014 gemacht – und so innerhalb eines Jahres mehr als 140.000 Flüchtlinge aus Seenot gerettet. Aber keiner der Gipfelteilnehmer kämpfte für die Wiederaufnahme von "Mare Nostrum". Auch Angela Merkel nicht.

Zu lange hatten deutsche Vertreter bei der EU auf ein Ende von "Mare Nostrum" gedrängt, noch vor Kurzem kritisierte Innenminister Thomas de Maiziere (CDU) nachträglich das Programm: Es sei "Beihilfe für das Schlepper-Unwesen" gewesen.

Forsa-Umfrage: Flüchtlinge in Deutschland

Bankenrettung und Lebensrettung

Alle Politiker in der EU haben Angst, dass Rettungsaktionen noch größere Flüchtlingsströme auslösen könnten. Dann, so die Befürchtung, ist das Tor zu Europa, dem Kontinent der Verheißung, weit offen. Und keiner kann dieses Tor jemals mehr zudrücken.

Aber für diesen "Pull-Effekt" gibt es keinen Beleg. Ohne "Mare Nostrum" kamen in den ersten zwei Monaten 2015 doppelt so viele Flüchtlinge in Italien an wie im Vorjahreszeitraum, als es "Mare Nostrum" noch gab.

Ein paar Stockwerke tiefer im Tagungsgebäude kriegte sich EU-Parlamentspräsident Martin Schulz am Abend des Flüchtlings-Gipfels gar nicht mehr ein vor Wut. "Das sind Millionenbeträge, um die es hier geht! Wir hatten hier Jahre, da ging es um Milliarden! Wenn wir das Geld nähmen, das in einer Nacht für die Rettung der Hypo Real Estate bewilligt wurde, dann könnten wir ‚Mare Nostrum’ 187 Jahre weiter laufen lassen!"

Oben die schnöde Politik – unten die Moral: Selten prallte der Widerspruch zwischen beidem so aufeinander wie an jenem Abend im Justus-Lipsius-Gebäude in Brüssel.

Die antastbare Würde

Europa ist ein besonderer Kontinent, ein Kontinent mit höchsten moralischen Ansprüchen, an sich und an andere. Die Europäische Union ist Trägerin des Friedensnobelpreises, ihre Politiker halten den Despoten dieser Welt gerne lange Vorträge über die Bedeutung der Menschenrechte. Doch jetzt ertrinken im Mittelmeer Tausende und mit ihnen droht auch all das unterzugehen, was dem alten Kontinent heilig ist: Humanität, Nächstenliebe, Solidarität. Die Würde des Menschen, die angeblich so unantastbare – sie zeigt sich höchst antastbar, wenn kleine Babys auf dem Weg nach Europa ihre Leben lassen.

"Ich weiß gar nicht mehr, in wie vielen Reden ich schon gesagt habe, dass wir ein neues Programm zur Seenotrettung brauchen", sagt Aydan Özoguz, die Integrationsbeauftrage der Bundesregierung. "Immer wieder habe ich mit den Innenpolitikern der Regierungskoalition darüber gesprochen. Allerdings ohne Erfolg."

Die Angst vor den Wählern

Immerhin sollen künftig Marine-Einheiten bei Rettungskationen mithelfen. Deutschland stellt eine Fregatte und den Einsatzgruppenversorger "Berlin", der über ein Bordlazarett verfügt und bis zu 250 Menschen aufnehmen kann. Großbritannien bietet sogar sein Flaggschiff an, die HMS Bulwark. Bedingung sei aber, so erklärte Premier David Cameron völlig ungerührt, dass aufgenommene Flüchtlinge in das nächste sichere Land gebracht werden könnten – und das sei nun mal in der Regel Italien.

Alle haben Angst vor dem eigenen Wahlvolk. Sie haben Angst vor uns und unserer Ambivalenz. Und sie haben Angst vor den Verführern vom rechten Rand. David Cameron vor der Ukip, Francois Hollande vor dem Front National, Angela Merkel vor Pegida und AfD. Daher behandeln sie die Flüchtlinge wie hochgradig kontaminierte Ware. Sie schieben sie sich gegenseitig zu wie radioaktiven Müll.

Forsa-Umfrage: Deutschlands Rolle in der Flüchtlingsfrage

Am Rande der Kräfte

Das "Dublin"-Abkommen sieht vor, dass Flüchtlinge ihren Antrag auf Asyl in dem Land stellen müssen, in dem sie ankommen. Das führt dazu, dass Länder an der Südgrenze der EU wie Italien, Malta oder Griechenland eigentlich die Masse der Flüchtlinge aufnehmen müssten. Die Praxis sieht jedoch anders aus. Weil die Südländer diese einseitige Lastenverteilung ungerecht finden, lassen sie die Flüchtlinge gerne weiter ziehen – Richtung Norden, in den Wohlstandsgürtel der EU. Faktisch stellen in Europa 45 Prozent der Asylbewerber ihren Antrag in Deutschland oder Schweden. Rund 627.000 Menschen haben 2014 in der EU Asyl beantragt, 202.800 taten dies in Deutschland. Damit belegt Deutschland mit großem Abstand den ersten Platz, nicht nur in Europa: In keinem Land der Welt werden so viele Asylanträge gestellt wie in Deutschland. 40.500 Menschen erhielten 2014 hierzulande Asyl – Spitzenwert in der EU.

Ein etwas anderes Bild ergibt sich allerdings, wenn man die Zahlen in Relation zur Bevölkerungsgröße setzt. Innerhalb der EU weist Schweden mit 8,4 Asylanträgen pro Tausend Einwohnern den höchsten Asylbewerber-Anteil auf, an zweiter Stelle folgt Ungarn, Deutschland liegt auf Platz sechs.

Trotzdem wird man den Deutschen angesichts dieser Zahlen schwer vorwerfen können, wir seien kein gastfreundliches Volk. "Deutschland ist vorbildlich und ein führendes Land bei der Aufnahme von Flüchtlingen", sagt Giusi Nicolini, die Bürgermeisterin von Lampedusa, wo alljährlich ein Großteil der afrikanischen Boat-People anlandet. "Ich vermisse aber ein Engagement bei der Seerettung, da könnte mehr getan werden. Wir sind hier am Rande unserer Kräfte."

Merkel macht sich klein

Bis heute gibt es keinen durchdachten Schlüssel, der die Verteilung von Flüchtlingen auf die Länder der EU regeln würde, obwohl Angela Merkel jetzt massiv darauf dringt. Im Süden kommen sie an, im Norden bleiben sie. Ein Kompromiss ist nicht in Sicht. Also einigen sich die Politiker auf den kleinsten gemeinsamen Nenner: Am schönsten wäre es doch, sie würden erst gar nicht kommen.

Mehr Geld also für eine Grenzschutz-Operation, die ein bisschen auch Rettungskation ist, aber auf keinen Fall so heißen darf und nur ja nicht zu viele Menschen retten soll, weil sonst das Risiko der Überfahrt zu gering wäre, was wiederum das Schlepper-Business anheizen würde. Ein paar Menschen sollen aber schon aus dem Meer gefischt werden, denn sonst wäre der moralische Preis zu hoch. Mehr Zynismus und Verlogenheit ist schwer vorstellbar.

Bei alldem zeigt sich Angela Merkel ungewohnt schmallippig. Sonst übernimmt sie mit zunehmendem Gefallen die Führungsrolle in Europa, ob es um die Rettung des Euro geht oder den Waffenstilstand in der Ost-Ukraine. Aber den Massen-Exodus aus Afrika will sie nicht zu ihrem Thema machen. Da macht sich die vom US-Magazin "Forbes" mehrfach zur "mächtigsten Frau Europas" gekürte Kanzlerin ganz klein. Da möchte sie nur eine von vielen sein.

Keine Transitzentren

Aufs Tempo drückt die Bundesregierung nicht gerade. Seit Monaten diskutieren Europas Innenminister über die Einrichtung von Transitzentren in Nordafrika. Flüchtlinge könnten dort ihre Asylgründe vorbringen und, sofern diese plausibel erscheinen, legal nach Europa einreisen, wo das Verfahren dann endgültig abgewickelt wird. Sie müssten nicht ihr Leben riskieren, nur um einen Antrag stellen zu können.

Die grüne Bundestagsabgeordnete Luise Amtsberg fragte im Bundesinnenministerium schriftlich nach, was denn aus den Plänen geworden sei. Antwort des Staatssekretärs: "Die Überlegungen (...) sind seitens der Europäischen Kommission, der Mitgliedsstaaten und seitens der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen. Eine Beschlussfassung ist zur Zeit nicht absehbar."

Festung Europa? "Man kann den Strom der Flüchtlinge nicht aufhalten", sagt Christopher Hein, Direktor des Italienischen Flüchtlingsrates CIS in Rom. "Sie kommen sowieso, die Frage ist nur wie."

Interaktive Karte: Flüchtlingsrouten nach Europa


Klicken Sie auf die roten Punkte, um weitere Informationen zu erhalten.

Modell Überlingen

Sie kommen sowieso. Wir werden mit ihnen zusammen leben, wenn wir sie nicht sterben lassen wollen. Manchmal scheint es so, als seien die Deutschen bei dieser Erkenntnis schon weiter als ihre Politiker.

In Überlingen am Bodensee organisiert die Evangelische Diakonie ehrenamtliche Hilfe für 250 Flüchtlinge in vier Gemeinschaftsunterkünften. Über 100 Bürgerinnen und Bürger haben sich schon gemeldet, um den Menschen zur Seite zu stehen, die aus Afrika, aber auch aus Syrien oder dem Iran, Pakistan oder Afghanistan nach Deutschland geflohen sind. Sie unterstützten die Neuankömmlinge bei Behördengängen und Arztbesuchen oder beim Deutschlernen.

"Oft geht es einfach um Zuwendung", berichtet Udo Pursche, der die Arbeit der Betreuer koordiniert. "Viele haben Schreckliches erlebt. Manche wollen einfach nur mal ganz lange von unseren Helfern in den Arm genommen werden."

Die vielen Deutschlands

Es gibt viele solcher Initiativen in Deutschland. Aber es gibt auch Leserkommentare im Internet wie diese:

"Niemand braucht Zuwanderer in einem völlig überbevölkerten Europa."

"Die Politik stellt sich tot, lässt alles einfach laufen, sieht augenzwinkernd zu, wie Armutsmigration pauschal in ‚Flüchtlinge’ umbenannt wird – und beschimpft die eigenen Bürger, die fassungslos dastehen und die Reste dieses Landes und dieser Demokratie den Bach runtergehen sehen."

Oder Plakate wie dieses, auf einer Pegida-Demo in Dresden:

"ALI BABA
und die
40 DEALER
Ausweisung sofort!"

Es gibt in der Flüchtlings-Frage nicht ein Deutschland, sondern viele Deutschlands. Das von Überlingen, wo Menschen Menschen in den Arm nehmen. Und das der Pegida-Demos. Angela Merkel empfängt aus dem Volk höchst unterschiedliche Signale. Daher ihr Lavieren. Ihre dürre Sprechzettel-Rhetorik. Ihre Flüchtlings-Politik, die bisher nicht viel mehr ist als die politische Bewirtschaftung des tausendfachen Sterbens im Meer.

Kurzfristig kann nur eine große europäische Hilfsaktion die Tragödie beenden. Langfristig geht es um die Verbesserung der Lebensbedingungen in den Herkunftsländern, und das wird uns etwas kosten. Es sind Europas Fangflotten, die vor Afrikas Küsten die Meere ausbeuten und Fischern dort die Existenz rauben. Es sind Europas Exportsubventionen für Agrarprodukte, die afrikanische Erzeuger aus dem Markt drängen.

"Mit Abwehr und Grenzsicherung allein werden wir langfristig keinen Erfolg haben", sagt Bundesentwicklungsministr Gerd Müller (CSU). "Lösen wir die Probleme nicht vor Ort, werden die Menschen immer versuchen, zu uns zu kommen." Müller verlangt, dass aus dem 315 Milliarden Euro schweren Investitionspaket, mit dem die EU-Kommission die Wirtschaft in Europa ankurbeln will, zehn Milliarden für ein Afrika-Sofortprogramm abgezweigt werden. "Die europäische Konjunktur ist uns 315 Milliarden wert. Zehn Milliarden davon für Afrika – das müsste doch wohl möglich sein."

Merkels Perspektive

Angela Merkel könnte all das zu ihrem Thema machen, so, wie sie die Euro-Rettung zu ihrem Thema gemacht hat. Es ist eine Jahrhundertaufgabe. Den einen Teil Deutschlands könnte sie dabei mitnehmen, den anderen müsste sie vielleicht zurücklassen. Damit würde sie ihre Macht aufs Spiel setzten. Aber sie könnte auch in die Geschichtsbücher eingehen. Als eine große Kanzlerin.

Mit Recherchen von Luisa Brandl, Laura Himmelreich, Jan Rosenkranz und Axel Vornbäumen

"Das Meer und die Moral"

... ist die Langversion des gleichnamigen Reports aus dem aktuellen stern, jetzt als emag oder am Kiosk erhältlich.

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