Terror in Frankreich 10.000 Menschen bei Mahnwache in Berlin

Deutsche Politiker haben heute gemeinsam mit den Muslimen in Deutschland und dem Zentralrat der Juden gegen islamistischen Terror demonstriert. Die Ereignisse des Tages zum Nachlesen.

Fast eine Woche ist es her, dass zwei Islamisten in die Redaktion des Satiremagazins "Charlie Hebdo" stürmten, elf Menschen erschossen und Frankreich von einer Welle des Terrors erfasst wurde. Noch immer jagt die Polizei mögliche Komplizen. Zahlreiche Länder haben ihre Sicherheitsvorkehrung seither verschärft oder suchen nach Wegen zur wirksameren Bekämpfung von Anschlägen. In Berlin werden am Abend Tausende Menschen zu einer gemeinsamen Kundgebung der Spitzen von Staat und Gesellschaft mit den Verbänden der Muslime gegen islamistischen Terror erwartet.

Die Ereignisse des Tages zum Nachlesen.

+++ 22.55 Uhr: Al-Ashar: Neue Mohammed-Karikatur schürt den Hass +++

Die islamische Al-Ashar-Universität äußert scharfe Kritik an der Karikatur des Propheten Mohammed auf dem Titel der neuen Ausgabe von "Charlie Hebdo". Die Veröffentlichung der Zeichnung werde "den Hass schüren", erklärt die höchste Autorität des sunnitischen Islam. Sie diene "nicht der friedlichen Koexistenz der Volksgruppen und behindere die Integration der Muslime in den europäischen und westlichen Gesellschaften", erklärt die Universität. Ihr Vertreter Abbas Schoman sagt, es handele sich um eine "echte Provokation für die Gefühle der Muslime".

Vergangene Woche hatte die Al-Ashar-Universität den islamistischen Angriff auf die Redaktion als Verstoß gegen den Islam verurteilt. Das neue Titelblatt stieß nicht nur bei der Universität, sondern auch bei dem ägyptischen Fatwa-Amt (Dar al-Ifta) auf Kritik. Es bezeichnet die Ausgabe als "ungerechtfertigte Provokation", die zu einer "neuen Welle des Hasses" führen und nicht der "Koexistenz und dem kulturellen Dialog" dienen werde. Ein Vertreter der Institution, Ibrahim Negm, sagt, sie achteten die Meinungsfreiheit, doch müsse die andere Seite verstehen, "dass wir den Propheten Mohammed lieben".

+++ 22.17 Uhr: "Charlie Hebdo" soll in Türkei erhältlich sein +++

Die neue Ausgabe der französischen Satire-Zeitschrift "Charlie Hebdo" soll auch in der Türkei erscheinen. Die Ausgabe werde am Mittwoch in türkischer Sprache der renommierten Tageszeitung "Cumhuriyet" beigelegt, sagt "Charlie Hebdo"-Chefredakteur Gérard Biard. Die türkische Ausgabe sei "die wichtigste" überhaupt. Ein Mitarbeiter von "Cumhuriyet" sagt jedoch, die Leitung des Blatts diskutiere noch darüber, ob sie die Zeitschrift "in Gänze oder in Teilen" veröffentlichen werde.

+++ 19.45 Uhr: Schuster: Juden in Israel nicht sicherer als in Europa +++

Der Zentralrat der Juden in Deutschland kritisiert den Aufruf von Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu an Juden in aller Welt zur Auswanderung nach Israel. "Ich halte das Leben in Israel nicht für sicherer als in Europa", sagt der Präsident des Zentralrates, Josef Schuster, dem Sender hr-Info.

Netanjahu hatte in der Diaspora lebende Juden nach den Gewalttaten islamistischer Extremisten in Paris aufgerufen, nach Israel umzuziehen. Schuster erwidert: "Gerade Menschen in Israel sind von terroristischen Anschlägen bedroht. Ich halte das Leben in Israel nicht für sicherer als in Europa, insbesondere in Deutschland."

+++ 19.10 Uhr: 10.000 Menschen nehmen an Kundgebung gegen Terrorismus teil +++

An der Berliner Kundgebung gegen Terrorismus haben sich nach Polizeiangaben 10.000 Menschen beteiligt. Anfangs war noch von 3000 Teilnehmern die Rede. Im Verlauf der Veranstaltung am Dienstagabend kamen aber weitere Menschen dazu. Sie demonstrierten auf dem Pariser Platz am Brandenburger Tor gegen Gewalt und Hass. "Wir werden uns jetzt nicht auseinanderdividieren lassen. Der friedliche Islam hat in Deutschland und hat in Berlin ein Zuhause", sagte der regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller.

Die Kundgebung wurde von der Polizei mit verstärkten Sicherheitsmaßnahmen geschützt, mehrere Teams von Scharfschützen der Polizei sicherten den Pariser Platz. Die Demonstration werde aber nicht als "störanfällig" eingeordnet, sagte ein Polizeisprecher. Es gehe eher um den Schutz der hochrangigen Politiker.

+++ 19.03 Uhr: Deutsche Muslime senden "starkes Zeichen" gegen Terror +++

Mit der Mahnwache am Brandenburger Tor haben laut Außenminister Frank-Walter Steinmeier tausende deutsche Muslime "ein starkes Zeichen gegen den Terror" gesendet. "Hier erheben Muslime in aller Deutlichkeit ihre Stimme dagegen, dass im Namen des Islam getötet und gefoltert wird", sagte der Minister.

Auch Bundespräsident Joachim Gauck hat den Muslimen in Deutschland gedankt. "Sie alle sind gekommen, um ein Zeichen zu setzen", sagte Gauck. "Sie wollen, wie wir alle, diesen Staat und die Freiheit seiner Bürger schützen." Die übergroße Mehrheit der Muslime fühle sich der offenen Gesellschaft in Deutschland zugehörig und sei bereit, dafür einzutreten.

+++ 18.31 Uhr: Kirchen bekunden Solidarität mit Terror-Opfern +++

Ein interreligiöses Zeichen gegen Gewalt und Hass haben Repräsentanten der katholischen und der evangelischen Kirche am Abend in Berlin gesetzt. Bei "allem Trennenden dürfen die Religionen sich nicht gegeneinander aufbringen lassen", sagte der katholische Berliner Weihbischof Matthias Heinrich in seiner Rede bei der Mahnwache vor dem Brandenburger Tor.

Auch der evangelische Bischof Markus Dröge sprach sich für Frieden und Toleranz aus: "Juden, Christen und Muslime sagen gemeinsam Nein zu jeder Gewalt, zu jedem Terror im Namen des Glaubens an Gott". Der Dialog der Religionen werde nach den Gewalttaten von Paris "voller Überzeugung vorangetrieben", sagte Dröge. An der Berliner Kundgebung gegen Terrorismus haben sich nach Polizeiangaben rund 3000 Menschen beteiligt.

+++ 17.55 Uhr: Gauck ruft bei Mahnwache zu Toleranz auf +++

Die Spitzen von Staat und Gesellschaft demonstrieren jetzt gemeinsam mit den Muslimen in Deutschland gegen islamistischen Terror und für ein friedliches Zusammenleben. Aufgerufen zu der Mahnwache vor dem Brandenburger Tor, die unter dem Motto "Zusammenstehen - Gesicht zeigen" steht, haben der Zentralrat der Muslime und die Türkische Gemeinde. Bundespräsident Joachim Gauck, Kanzlerin Angela Merkel, Vizekanzler Sigmar Gabriel und viele weitere Kabinettsmitglieder nehmen an der Kundgebung teil.

Bundespräsident Joachim Gauck hat dabei alle Menschen in Deutschland unabhängig von Religion und Herkunft zum Einsatz für Demokratie und Weltoffenheit aufgerufen. "Wir alle sind Deutschland", sagte Gauck. "Wir schenken Euch nicht unsere Angst. Euer Hass ist unser Ansporn", sagte er an die Adresse von Terroristen und Fanatikern.

+++ 16.49 Uhr: Frankreich im Krieg mit Islamismus, nicht mit einer Religion +++

Frankreich ist nach den Worten von Premierminister Manuel Valls "im Krieg gegen Terrorismus, Islamismus und Dschihadimus". Sein Land kämpfe nicht gegen eine Religion, Muslime oder den Islam, sagte der Regierungschef am Dienstag in Paris in einer Gedenkstunde der französischen Nationalversammlung. Frankreich beschütze die Menschen, die glaubten, ebenso wie diejenigen, die nicht glaubten.

Valls kündigte eine Datenbank zur Terrorabwehr an. Zudem sollen Islamisten in Gefängnissen in speziellen Bereichen isoliert werden, um die Radikalisierung anderer Häftlinge zu verhindern. Von Europa forderte Valls nach der Solidarität für die Opfer der Terroranschläge auch finanzielle Unterstützung für Militäreinsätze.

+++ 16.15 Uhr: US-Abgeordneter vergleicht Obama mit Hitler +++

In der Diskussion um Barack Obamas Abwesenheit beim Pariser Gedenkmarsch hat ein republikanischer Abgeordneter den US-Präsidenten mit dem Nazi-Diktator Adolf Hitler verglichen. Selbst Hitler sei es wichtiger gewesen, die französische Hauptstadt zu besuchen, twitterte Randy Weber aus dem Bundesstaat Texas.

Er spielte dabei auf den überraschenden Paris-Besuch Hitlers im Juni 1940 nach der deutschen Besetzung Frankreichs an. Hitler sei "aus den falschen Gründen" nach Paris gefahren, Obama habe es dagegen nicht einmal "aus den richtigen Gründen" dorthin geschafft. Vor Obamas Rede an die Nation im vergangenen Januar hatte Weber den Präsidenten bereits als "sozialistischen Diktator" und "Kommandant-In-Chef" bezeichnet.

+++ 16.00 Uhr: Pressekonferenz von "Charlie Hebdo"+++

In Paris haben sich die Macher des Satiremagazins "Charlie Hebdo" erstmals zu den Anschlägen auf ihre Redaktion geäußert. Zeichner Renald Luzier, einer der Überlebenden, sagt es sei schwierig gewesen ein passendes Titelbild zu finden. Er selbst habe nicht gewusst, ob er nach den Ereignissen überhaupt noch zeichnen könne. Mit dem weinenden Mohammed habe die Redaktion jedoch das Richtige gefunden. "Unser Mohammed ist ein Mensch, der weint. Er ist so unendlich viel sympathischer, als der Mohammed, den die Terroristen fälschlicherweise darstellen wollten."

"Ich bin Charlie, ich bin Bulle, ich bin Jude, ich bin Moslem - und ich bin auch Atheist", fährt der Cartoonist fort, nachdem er die Namen aller Getöteten nannte.

Luzier, der unter dem Kürzel Luz zeichnet, kämpft immer wieder mit den Tränen, ringt um Fassung. Von seinen Kollegen wird Luz umarmt, sie klopfen ihm aufmunternd auf die Schultern. "Wir haben jede Menge Gefühle in uns." Er holt Luft und sagt: "Man muss sich freiatmen. Das tut gut."

Er versucht etwas positives in dem Attentat zu sehen: "Wenn das Geschehene für etwas gut sei, dann um die Werbetrommel zu schlagen. Und das hat geklappt." Die neue Ausgabe von "Charlie Hebdo" soll mit der Rekordauflage von drei Millionen Exemplaren erscheinen. Auf dem Titel, der bereits erwähnte Mohammed.

Das Titelbild entstand durch viele Gespräche und eine imaginäre Redaktionskonferenz in Luz' Kopf, an der auch die Getöteten teilgenommen haben. Und dann war er da, der neue Titel.

"Tut mir leid, dass wir schon wieder Mohammed gezeichnet haben. Das hat uns bisher ja immer viel Kritik eingebracht. Aber wir sehen die Welt nun mal durch Zeichnungen." Auch die Terroristen, so sagt er, waren ja mal Kinder, die gezeichnet haben. Aber irgendwann scheinen sie ihren Humor verloren zu haben.

+++ 14.56 Uhr: Islamgelehrte verurteilen neue "Charlie-Hebdo"-Ausgabe +++

Die erste "Charlie Hebdo"-Ausgabe nach dem Terroranschlag von vor einer Woche wird von ägyptischen Islamgelehrten scharf kritisiert. Die wichtige religiöse Einrichtung Dar al-Ifta ("Haus der Rechtsprechung") in Kairo wertet die Veröffentlichung neuer Mohammed-Karikaturen als "rassistischen Akt". Diese "ungerechtfertigte Provokation von 1,5 Milliarden Muslimen weltweit" werde eine neue Welle des Hasses in der französischen und in westlichen Gesellschaften auslösen. Das sei nicht förderlich für das Zusammenleben und den Dialog, um den Muslime sich bemühten. Dar al-Ifta gilt als eine der höchsten religiösen Einrichtungen Ägyptens. Seine Rechtsgutachten gelten weltweit als Leitfäden für sunnitische Muslime.

Die neue "Charlie Hebdo" kommt morgen in Frankreich heraus. Das Titelbild zeigt eine Zeichnung des Propheten, der trauernd ein Schild mit der Aufschrift "Je suis Charlie" in den Händen hält. Über der Zeichnung steht in großen Buchstaben "Tout est pardonné" (deutsch: Alles ist vergeben).

+++ 14.34 Uhr: Juden in Kopenhagen fordern Polizeischutz +++

Die jüdische Gemeinde in Kopenhagen beantragt Polizeischutz. Es sei "sehr klar", dass jüdische Ziele eine "hohe Priorität für Terroristen" hätten, sagt der Vizevorsitzende der Gemeinde in Dänemark, Jonathan Fischer. Daher habe er die Behörden um den Schutz der jüdischen Schule und der Synagoge in der Hauptstadt gebeten. Auch wenn es keine konkreten Drohungen gebe, gehe der dänische Geheimdienst davon aus, dass jüdische und israelische Ziele "besonders verletzlich" seien, so Fischer. Während des Gazakonflikts im August waren die Scheiben der jüdischen Schule in Kopenhagen eingeschlagen worden, zudem wurde das Gebäude mit anti-jüdischen Graffiti besprüht.

+++ 13.36 Uhr: Türkei sieht sich als Schutzmacht der Muslime +++

Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu bezeichnet sein Land als Schutzmacht der in Europa lebenden Moslems. "Ihr seid nicht alleine. Die Türkei ist da, um euch zu beschützen", sagt er an diese gerichtet bei der Fraktionssitzung der R-egierungspartei AKP in Ankara. Zudem warnt Davutoglu mit Blick auf die Attentate in Paris davor, den Islam mit Terrorismus gleichzusetzen. "Wir erheben unsere Stimme gegen Terrorismus. Wir werden nicht zulassen, dass dies islamischer Terrorismus genannt wird."

+++ 13.35 Uhr: BKA sieht Deutschland in "konkretem Gefahrenraum" +++

Das Bundeskriminalamt bezeichnet Deutschland als "Teil eines konkreten Gefahrenraums". Es gebe aber keine Hinweise auf konkrete Anschlagspläne, sagt eine Sprecherin der Behörde in Wiesbaden. Radikale Islamisten in Deutschland hätten im Internet ihre Sympathie für die Anschläge Frankreich bekundet. Die Sprecherin bestätigt, dass deutsche Behörden von etwa 260 sogenannten Gefährdern im Land ausgehen. Das sind Islamisten, denen Anschlagsplanungen zuzutrauen sind.

Zu einem angeblichen internen BKA-Papier sagt die Sprecherin nichts. Darin wurde nach Informationen der Zeitung "Die Welt" vor Terror-Nachahmern in Deutschland gewarnt.

+++ 13.22 Uhr: Mutmaßlicher Terrorhelfer in Düsseldorf gefasst +++

Bundespolizisten haben am Flughafen Düsseldorf einen mutmaßlichen islamistischen Terrorhelfer gefasst. Der Mann sei am Montag bei der Einreise aus Ankara festgenommen worden, teilt die Bundespolizei in Potsdam mit. Es bestehe der Verdacht, dass er beispielsweise die "Islamische Bewegung Usbekistan" als "Geldeintreiber" unterstützt habe. Er werde seit 2011 mit einem internationalen Haftbefehl der US-amerikanischen Behörden gesucht. Der Mann soll im Umgang mit Schusswaffen geübt sei. Er habe die türkische und die niederländische Staatsangehörigkeit.

+++ 13.18 Uhr: Al Kaida droht mit neuen Anschlägen +++

Al-Kaida im Islamischen Maghreb lobt in einer im Internet verbreiteten Erklärung die Anschläge in Paris und droht mit weiteren Angriffen auf Frankreich. Dabei verweisen die Terroristen auf vorangegangene Angriffe auf westliche Einrichtungen nach Veröffentlichungen von Karikaturen oder eines Schmähfilms über den Propheten Mohammed: "Von dem Angriff auf die dänische Botschaft in Pakistan über den Angriff auf die US-Botschaft in Libyen hält die Karawane nun in Paris." Damit mache man der Welt in Taten anstatt in Worten deutlich: "nicht den Propheten Gottes".

Frankreich zahle den Preis für die Besetzung von muslimischem Land in Mali und Zentralafrika und für die Bombardierung von Muslimen im Irak und in Syrien, heißt es. So lange die Medien des Landes zudem weiter den Propheten oder andere den Muslimen heilige Dinge attackierten, werde es weitere, noch schmerzhaftere Anschläge geben.

+++ 12.50 Uhr: Trauerfeier für Polizisten geht zu Ende +++

Die offizielle Trauerfeier für die bei den Terroranschlägen getöteten Polizisten endet. "Clarissa (Jean-Philippe), Franck (Brinsolaro), Ahmed (Merabet) sind dafür gestorben, dass wir frei leben können", sagte Präsident François Hollande während der Zeremonie vor den in französische Nationalflaggen gehüllten Särgen. Ihnen gebühre größte Dankbarkeit.

An der Gedenkveranstaltung nahmen auch Hinterbliebene der Opfer bei - darunter die Mutter der Polizistin Jean-Philippe, die vor Hollande in Tränen ausbrach. In seiner Rede fragte der Präsident: "Wie kann man es rechtfertigen, feige eine junge Frau von 26 Jahren zu töten?" Zu den Hinterbliebenen sagte Hollande: "Ganz Frankreich teilt Ihren Schmerz und Ihr Leid."

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+++ 12.27 Uhr: Templeton-Preisträger Halik will nicht "Charlie sein" +++

Der katholische Theologe und Templeton-Preisträger Tomas Halik lehnt den Solidaritätsslogan "Ich bin Charlie" ab. Die Karikaturen von "Charlie Hebdo" hätten ihn stark an "herabsetzende Darstellungen von Juden in der antisemitischen Presse" erinnert, schreibt Halik in einem Zeitungsbeitrag. Die Zeichnungen werte er nicht nur als Beleidigung religiöser Symbole, sondern auch als "Verletzung eines Grundwerts unserer Kultur, des Respekts gegenüber anderen".

Haliks Antisemitismus-Vergleich sei ein "doppeltes Foul", kritisiert die liberale Prager Zeitung "Hospodarske noviny" in einem Kommentar. "Nicht jeder muss Charlie sein", meinte indes die tschechische Zeitung "MF Dnes".

+++ 12.24 Uhr: Tausende verabschieden jüdische Opfer +++

Die Gedenkzeremonie in Jerusalem für die vier jüdischen Opfer geht zu Ende. Vor der Bestattung wurden die Leichname in Gebetsschals gehüllt auf einer Tribüne aufgebahrt. Unter Anteilnahme von rund zweitausend Trauernden sprachen Familienangehörige das Kaddisch, das traditionelle jüdische Totengebet, und erinnerten an die Toten. Israels Präsident Reuven Rivlin mahnte eindringlich: "Wir können nicht zulassen, dass siebzig Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs Juden wieder Angst haben, auf den Straßen Europas eine Kippa zu tragen."

Der Bestattungsort Har Hamenuhot (Berg der Ruhenden) liegt an einer steilen Bergwand weithin sichtbar am westlichen Ortseingang von Jerusalem. Dort sind auch die drei Schüler und ein Lehrer der jüdischen Schule in Toulouse, die ein islamistischer Attentäter im März 2012 erschossen hatte, zur letzten Ruhe gebettet worden.

+++ 12.15 Uhr: Verleger starten Kampagne zu Pressefreiheit +++

Mit einer Anzeigenkampagne zur Pressefreiheit reagiert der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger auf den Anschlag auf "Charlie Hebdo". Es gibt zwei Anzeigenmotive: Bei einem steht in der Mitte einer schwarzen Seite der französische Satz "Je suis Charlie". Er ist umgeben von Begriffen wie "Pluralität", "Meinungsfreiheit", "Toleranz", "Pressefreiheit" und "Vielfalt". Ein zweites Motiv zeigt einen geborstenen Bleistift, ein Sinnbild für die getöteten Zeichner. Daneben ein Packen intakter Bleistifte, die durch ein Band fest verbunden sind. Darunter der Satz: "Zeitschriftenverleger gemeinsam für Pressefreiheit."

"Presse- und Meinungsfreiheit sind Grundlage unserer Gesellschaft", erklärt VDZ-Chef Stephan Scherzer die Aktion in Berlin: "Wenn man sich trotz guter Gründe und Argumente, abgesichert durch die Presse- und Meinungsfreiheit, nicht traut einen Film zu zeigen, ein Theaterstück aufzuführen, ein Buch, einen Artikel oder eine Karikatur zu publizieren, weil die Drohung im Raum steht, dafür wirst du (mit deinem Leben) büßen, dann ist die Presse- und Meinungsfreiheit am Ende."

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+++ 11.42 Uhr: Hollande macht getötete Polizisten zu Ehrenlegionären +++

Bei der Trauerzeremonie in Paris nimmt Präsident Hollande die Polizisten Franck Brinsolaro, Ahmed Merabet und Clarissa Jean-Philippe posthum in die französische Ehrenlegion auf, die Orden befestigt er an ihren aufgebahrten Särgen. An der Zeremonie nehmen auch Angehörige der Getöteten sowie Premierminister Manuel Valls und Innenminister Bernard Cazeneuve teil.

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+++ 11.15 Uhr: Islamisten hacken französische Webseiten +++

Hunderte Internetseiten französischer Rathäuser, Schulen, Unversitäten, Kirchen und Unternehmen sind seit den Anschlägen in Paris gehackt worden. Sie wurden von Hackern angegriffen, die sich als Islamisten aus Nordafrika oder Mauretanien ausgaben. Oft wurden die Startseiten gekapert; auf schwarzem Hintergrund erschienen Botschaften wie "Tod für Frankreich" oder "Tod für Charlie". Nach seiner Erinnerung habe es noch nie eine solch umfangreiche Kampagne in so kurzer Zeit gegeben, sagt der Internet-Sicherheitsexperte Gérôme Billois.

So wurde der Internet-Auftritt des Départements Lot drei Stunden lang von einer tunesischen Gruppe lahmgelegt, die die Website mit einer Adresse verlinkte, auf der islamistische Reden verbreitet werden. Der Webauftritt der Gedenkstätte zur Geschichtes des 20. Jahrhunderts in Caen wurde durch eine Botschaft in Arabisch und Französisch gestört. Dort hieß es: "Ich bezeuge, es gibt keinen Gott außer Allah." Die Internet-Sicherheitsfirma Checkpoint nennt die Angriffe "Cyber-Dschihad". Das Kapern von Homepages sei dabei nur "die Spitze des Eisbergs" und die am wenigsten gefährliche Variante.

+++ 11.00 Uhr: Frankreich gedenkt getöteter Polizisten +++

In Paris beginnt die Gedenkfeier für die drei erschossenen Polizisten. An der Zeremonie in der Polizeipräfektur nimmt auch Präsident François Hollande teil. Beim Anschlag auf das "Charlie Hebdo" waren ein Polizist und ein als Personenschützer abgestellter Beamter getötet worden. Im Süden der Stadt wurde eine Polizistin erschossen.

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+++ 10.47 Uhr: CSU fordert härtere Strafen für Gotteslästerung +++

Die CSU setzt sich für härtere Strafen für Gotteslästerung ein. Nach den Anschlägen in Paris solle eher "über die Anhebung des Strafrahmens" als über eine Abschaffung der Strafregelung gesprochen werden, sagt der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Stephan Mayer der Zeitung "Welt". Das Beschimpfen religiöser oder weltanschaulicher Bekenntnisse müsse "selbstverständlich unter Strafe gestellt bleiben." Er reagiert damit auf Forderungen der Grünen und der FDP nach Abschaffung der Strafnorm.

Laut dem sogenannten Blasphemie-Paragrafen wird mit bis zu drei Jahren Haft bestraft, wer "den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören".

+++ 10.22 Uhr: Trauerfeier für jüdische Opfer beginnt +++

Mit einer Trauerfeier beginnen in Israel die Beisetzungszeremonien für die vier jüdischen Opfer. Hunderte Anhörige und Freunde gedenken in einer Synagoge in Bnei Brak bei Tel Aviv des getöteten Joav Hattab. "Der Terror schlägt in Amerika, der Ukraine, Frankreich und überall auf der Welt zu", sagt der Rabbiner Meir Masus. Das Volk Israel müsse sich deshalb vereinen. Er lobt ausdrücklich das Verhalten des muslimischen Angestellten des koscheren Supermarktes, der viele Juden vor dem Tod gerettet habe. Nach einem Trauerzug soll Hattab gemeinsam mit den drei weiteren Opfern in Jerusalem beigesetzt werden.

+++ 10.06 Uhr: Franzose mit Kontakt zu Attentätern festgenommen +++

Die bulgarische Polizei hat bereits am 1. Januar einen Franzosen mit mutmaßlichen Verbindungen zu einem der Attentäter aus Paris festgenommen. Das teilt die Staatsanwaltschaft in Sofia mit. Der 29-Jährige "war mehrfach in Kontakt mit einem der Brüder" Chérif und Said Kouachi, sagt eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft der Nachrichtenagentur AFP. Ihm werde "Mitgliedschaft in einer bewaffneten kriminellen Organisation zur Vorbereitung von Terrorakten" vorgeworfen.

Den Angaben zufolge wollte der Mann über die Türkei nach Syrien weiterreisen, um sich dort den Dschihadisten anzuschließen. Er sei an der bulgarisch-türkischen Grenze gefasst worden.

+++ 9.22 Uhr: Israelische Zeitung löscht Merkel aus Gruppenbild +++

Eine ultraorthodoxe Zeitung in Israel hat bei ihrer Berichterstattung über den Trauermarsch in Paris drei Frauengesichter aus dem Gruppenbild digital entfernt, darunter das von Bundeskanzlerin Angela Merkel und der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini. Das berichtet die säkulare israelische Zeitung "Maariv" unter der ironischen Überschrift "Journalismus vom Feinsten". Auf dem Originalbild stand Merkel Arm in Arm mit Frankreichs Präsidenten François Hollande. Auf der Version von "Hamodia" hat Hollande auf wundersame Weise einen anderen Mann an seiner Seite - den Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas.

Das Blatt "Hamodia" (Der Verkünder) hat eine Auflage von etwa 25.000 Exemplaren. Ultraorthodoxe Zeitungen drucken aus religiösen Gründen keine Abbilder von Frauen ab. Als provokativ empfundene Werbungen mit Frauengesichtern und - körpern werden daher in Jerusalem auf der Straße häufig übermalt oder zerstört. Wenn ultraorthodoxe Medien Bilder mit großem Nachrichtenwert veröffentlichen wollen, ist es daher nicht ungewöhnlich, dass sie "nachbearbeitet" werden, damit keine Frauengesichter zu sehen sind.

+++ 07.38 Uhr: Leichname jüdischer Anschlagsopfer in Israel +++

Die Leichen der vier jüdischen Opfer der Anschläge in Paris sind zur Bestattung nach Israel geflogen worden. Ein Flugzeug mit den Särgen an Bord sei in der Nacht zum Dienstag auf dem internationalen Ben-Gurion-Flughafen bei Tel Aviv gelandet, berichten israelische Medien. An dem Begräbnis am Mittag in Jerusalem sollen Israels Staatspräsident Reuven Rivlin, Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sowie mehrere Minister teilnehmen. Aus Frankreich wird Umweltministerin Ségolène Royal erwartet. Die vier Menschen waren am Freitag bei der Geiselnahme in einem koscheren Supermarkt erschossen worden.

+++ 06.23 Uhr: Obama wäre gern nach Paris gereist +++

Die USA räumen ein, dass ein ranghoher Politiker am Trauermarsch am Sonntag in Paris hätte teilnehmen sollen. Präsident Barack Obama wäre gern nach Paris gereist, erklärt der Sprecher des Präsidialamtes, Josh Earnest, in Washington. Rund 1,6 Millionen Menschen hatten sich allein in Paris versammelt, um der 17 Todesopfer der islamistischen Attentäter zu gedenken. Auch zahlreiche Staats- und Regierungschefs nahmen teil, darunter Frankreichs Präsident Francois Hollande, Bundeskanzlerin Angela Merkel und der britische Premierminister David Cameron.

+++ 04.54 Uhr: Coulibaly stand offenbar auf US-Überwachungsliste +++

Der Attentäter Amedy Coulibaly, der am Freitag vier Geiseln in einem jüdischen Supermarkt in Paris erschossen haben soll, hat einem Medienbericht zufolge auch auf einer US-Überwachungsliste gestanden. Der Sender CNN berichtet unter Berufung auf einen US-Vertreter, dass Coulibalys Name seit "einer Weile" in einer Datenbank mit potenziellen Extremisten geführt worden sei. Demnach handelt sich um die Tide-Liste (Terrorist Identities Datamart Environment). Sie enthält rund eine Million Namen.

+++ 02.07 Uhr: Trotz Passentzugs reisten 20 Islamisten in den Dschihad +++

Mindestens 20 Islamisten konnten offenbar trotz Entzugs des Reisepasses bislang aus Deutschland in den Bürgerkrieg nach Syrien und in den Irak reisen. Das berichten das "Hamburger Abendblatt" und "Die Welt" unter Berufung auf die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linkspartei.

Demnach nutzten die potenziellen Dschihadisten den Landweg quer durch die Europäische Union, dann über die Türkei und weiter nach Syrien. Für diese Reise reiche der Personalausweis aus.

+++ 01.24 Uhr: USA erhöhen Sicherheitsvorkehrungen +++

Die USA erhöhen ihre Sicherheitsvorkehrungen an Regierungsgebäuden und Flughäfen. Zwar lägen keine "glaubwürdigen" Hinweise auf konkrete Terrorangriffe vom Ausmaß der Gewalt in Paris vor, erklärt US-Heimatschutzminister Jeh Johnson. Jedoch verstehe es sich von selbst, dass Washington auf die Vorkommnisse in "Paris, Ottawa, Sydney und anderswo" reagieren müsse.

Der Minister kündigt verstärkte Maßnahmen auf dem Gelände von Regierungsgebäuden in mehreren US-Städten an, außerdem werde es noch mehr zufällige gründliche Checks von Passagieren und Gepäck an Flughäfen geben. Die US-Bürger ruft er erneut zur Wachsamkeit auf, betont aber, sie sollten ihre normalen Gewohnheiten fortsetzen.

+++ 00.26 Uhr: Polizei fordert offenbar eigene Mobilfunkfrequenzen +++

Die Polizeigewerkschaften fordern laut der "Bild"-Zeitung zusätzliche Mobilfunkfrequenzen für die deutschen Sicherheitsbehörden und die Bundeswehr. Die geplante Versteigerung von Frequenzen im 700-Megahertz-Band solle gestoppt werden, verlange der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, in einem Schreiben an Kanzleramtsminister Peter Altmaier. Nur über spezielle Frequenzen im 700-Megahertz-Band könnten die Sicherheitsbehörden Fahndungsinformationen wie hochauflösende Fotos oder Tonbandaufzeichnungen per Mobiltelefon austauschen. Es sei für Polizei und Bundeswehr "gerade bei so schrecklichen Ereignissen wie dem Anschlag der Islamisten in Paris" notwendig, "möglichst umfassend, schnell und in der Breite" untereinander zu kommunizieren, zitiert "Bild" aus dem Brief Wendts.

DPA · Reuters
stb/mad/mka/AFP/DPA/Reuters